Klaus Pohl und die Seele der Stadt

Klaus Pohl und die Seele der Stadt

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Klaus Pohl vor St. Jakob
Klaus Pohl vor der Jakobskirche @ rolf diba

Er ist auf Spurensuche. Die „Sehnsucht zur alten Heimatstadt und ihrer romantischen Seele” hat ihn auf dem Weg von Wien nach New York für eine Woche nach Rothenburg geführt – so der Dramatiker, Regisseur, Schauspieler und Buchautor Klaus Dieter Pohl beim Interview vergangene Woche. Er hofft, bald seinen Rothenburg-Roman vorstellen zu können.

Zugleich war es natürlich Gelegenheit die noch hier lebende Mutter und alte Freunde zu besuchen. Schließlich hatte er Ende der sechziger Jahre zusammen mit Pfarrer Wunderer, Ralf Noack, Helmut Günter Lehmann und anderen von sich reden gemacht. Mit für damalige Verhältnisse „revolutionären“ Jugendgottesdiensten sorgte man für eine Leserbriefflut und konservative Reaktionen. Als Einzelhandels-Lehrling im Obstgeschäft Wankerl in der Hafengasse hatte er begonnen, dort über den begnadeten Hans-Sachs-Darsteller Willi Assel die Liebe zum Theater entdeckt und zog 1969 nach München, als es ihm hier zu eng wurde.

München war das Sprungbrett für eine steile Schauspieler-Karriere. Bis 1974 besuchte er die Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in Berlin, debütierte an der Freien Volksbühne, kam ans Schauspielhaus Hamburg und gehörte bald zu den herausragenden deutschen Dramatikern mit eigenen Stücken wie „Das alte Land” (Uraufführung 1984 am Burgtheater Wien), „La Balkona Bar” (Uraufführung 1985 in Köln in der Regie seiner Frau Sanda Weigl) oder „Karate-Billi kehrt zurück” von 1991, uraufgeführt im Deutschen Schauspielhaus Hamburg, wo er auch Regie führte.

Klaus Pohl © rolf diba
Klaus Pohl © rolf diba

Die Liste seiner Werke ist ebenso lang wie seine Filmografie. Einer der jüngsten ist der Kinofilm „Hannah Arendt” (Regie Margarethe von Trotta), wo er Martin Heidegger spielt. Im Fernsehfilm „Ohne einander”, der Verfilmung des Walser-Romans, spielt Klaus Pohl den Schriftsteller Sylvio. Und dann wäre neben seiner früheren Spiegel-Serie über das Leben in der DDR sein 2011 erschienenes großes Romanwerk „Die Kinder der preußischen Wüste” (Arche Literatur Verlag Zürich) zu nennen. Es ist die bewegende Geschichte des bekannten ostdeutschen Schriftstellers Thomas Brasch, Pohls „Schlüsselroman über den bis zur Selbstzerstörung unbequemen Poeten, Dramatiker und Regisseur” wie es in einer Kritik heißt. Pohl hat ein Drehbuch dazu verfasst und aktuell wird es fürs Kino verfilmt und läuft dann auch im Fernsehen bei der ARD.

Pohl lebt in Wien (schon lange als Schauspieler und Regisseur am Burgtheater) und New York, wo er diese Woche auch wieder im Kreis seiner Familie ist. Seine Frau Sanda Weigl, Regisseurin und Musikerin, tritt mit Nina Hagen im Dezember am Berliner Ensemble auf. Tochter Marie ist Autorin (ein Werk wird jetzt verfilmt) und Tochter Lucie Schauspielerin. Klaus Pohl wirkte 2007 und 2008 bei der Gründung des Toppler-Theaters beratend und beim Marketing mit.

Nun hat ihm die Heimatstadt, in der er als Sohn einer ostpreußischen Flüchtlingsfamilie 1952 geboren wurde, aktuelle Eindrücke für die Abrundung seines ziemlich fertiggestellten Romans besorgt. Wie sehr es ihn immer wieder zurückzieht, drückt sich in seiner Liebeserklärung an die Stadt aus, in der er von einer „unbeschreiblich schönen romantischen Seele“ spricht und meint: „Ich finde Rothenburg ob der Tauber ist eine der faszinierendsten deutschen Städte wie es das deutsche romantische Wesen in seinen Gassen bewahrt, sogar gegen den relativ groben Tourismus.”

Zu seinem Rothenburg-Roman verrät er, dass dieser autobiographische Züge trägt und davon handelt „wie ich den Weg vom verliebten jungen Menschen zum Rothenburger Revolutionär mache und schließlich zum Weltenbummler werde”. Unverändert liegt ihm das Toppler Theater am Herzen, wo er in den nächsten Jahren, sobald es der Terminkalender erlaubt, ein klassisches Stück inszenieren möchte. Diese kleine Shakespeare-Bühne, da ist er überzeugt, „strahlt immer mehr über die Stadtmauern hinaus!”        rolf diba

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