In Zwiesprache mit der alten Stadt – die Seelenbilder des Japaners Eichii...

In Zwiesprache mit der alten Stadt – die Seelenbilder des Japaners Eichii Takeyama

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Eichii Takeyama in seinem Atelier. Foto: Rolf Diba
ROTHENBURG –  Die Werke des Malers Eichii Takeyama könnten in den großen Galerien der Welt hängen, in Japan hat er in der Kunstwelt einen herausragenden Ruf. Noch bis Ende Oktober wird ein kleiner Teil seines Schaffens in einer Ausstellung des Rothenburg-Museums zu sehen sein. Für den 85jährigen ist das nach 28 Jahren zugleich ein öffentlicher Abschied von der Stadt, die ihm so sehr ans Herz gewachsen ist.

Mit einer Gruppe von Malern war er 1994 entlang der Romantischen Straße nach Rothenburg gekommen und erinnert sich mit diesen Worten an die erste Begegnung: „Als ich die Doppelbrücke betrat, die Tauber überquerte und auf den Hügel blickte, auf dem die Stadt thront, da fühlte ich schlagartig, dass ich hier wohnen, leben und malen wollte, ja besser gesagt mußte!” Und wenn er sagt, er wollte mit den Mauern und der alten Stadt ins Zwiegespräch treten, dann ist das keine Floskel.

Der frühere Professor für Kunst und Philosophie hat die Millionenstadt Tokio mit der provinziellen Kleinstadt getauscht und sich in Rothenburg nach kurzer Zeit in das gesellschaftliche Leben integriert. Er wollte die Rolle als „Reingschmeckter” nicht lange ausfüllen, fand schnell Zugang zu den zurückhaltenden Franken, es entstanden Freundschaften durch die Mitgliedschaft im Künstlerbund und im Tennisclub mit seinen Fähigkeiten als Tennislehrer sowie durch seine Liebe zur Musik.

Seine bescheidene entgegenkommende Art trug dazu viel bei.  Dankbar erzählt er heute von der freundlichen Aufnahme im Tauberstädtchen. Den Entschluss habe er nie bereut und bei aller Freude auf die Rückkehr zur Familie mit Sohn (er ist Richter) und Tochter (eine Modedesignerin) in Japan dürfte sich dann ein bisschen Heimweh nach Rothenburg einschleichen.

Eine Fülle an Kunstwerken im Atelier von Eichii Takeyama in der Herrngasse. © rolf diba

Im Gespräch mit dem Künstler kommt seine Geisteshaltung zum Ausdruck: Herz und  Philosophie, so betont er, gehöre zur Kunst, ebenso sei die Erziehung sehr wichtig. Und so hat der Begriff von „Seelenbildern” für ihn eine tiefe Bedeutung. Formen und Farben entstehen aus innerster Betrachtung und haben sich immer mehr zur unverwechselbaren „Takeyama-Handschrift” herausgebildet.

Sein Impressionismus ist ebenso wie sein Kubismus etwas ganz Eigenständiges. In dem Nürnberger Albrecht Dürer (um 1500) sieht er einen großen Lehrmeister, besonders hat es ihm auch Pablo Picasso in allen seinen künstlerischen Facetten angetan. Takeyamas dicke Bücher mit Bleistiftskizzen, Radierungen oder die Tuschezeichnungen der Stadt im Panoramabild als meterlanges Leporello beeindrucken. Vor allem sind es aber die  Aquarelle neben den Ölgemälden und Acrylbildern. Die unterschiedlichen Maltechniken sind für ihn stets eine Herausforderung zur Perfektion.

Perfektion der Japaner

Die Genauigkeit, wie sie die Japaner lieben, hat er wie alle seine Fertigkeiten schon aus der Heimat mitgebracht. Japanische Ästhetik und die Stimmung des Vergänglichen gelingt es  mit westlichen Betrachungsweisen in den Bildern zu vereinen. Houkou Oki, Kirchenoberhaupt der japanisch-buddhistischen Kirche lobt seine „hohe Kunst“ in Farben und Zeichen, sein „gläubiges Herz und seine kultivierte Mal- und Zeichentechnik“­ hätten sich zu besonderer Ausdruckskraft vereint.

Takeyamas einzigartige Rothenburg-Sicht und Farbkraft zeigt sich in diesen Werken der Ausstellung.© Rolf Diba

Sein reich bestücktes Atelier, das noch bis Ende des Jahres besucht werden kann,  erlaubt Einblicke in die Vielfalt seines Schaffens. Die zwanzig Bilder im Rothenburg-Museum umfassen einen nur kleinen Querschnitt seiner Arbeiten. Mit seiner  kreativen Rothenburg-Sicht, abstrahiert und in kräftigen Farbkompositionen, darf man ihn getrost an die Seite der großen Künstler stellen, die seit dem 19. Jahrhundert die Altstadt entdeckt haben. Kandinsky und Spitzweg gehören dazu. Man spürt wie sehr seine Bilder aus innerer Emotionalität entstanden sind, manche Motive wirken  märchenhaft oder gar paradiesisch. faszinierend auch seine gemalte Umsetzung des Weiblichen und seine Aktbilder. Es sind seine „Seelenbilder“, entstanden aus der Zwiesprache mit der alten Stadt, ihren Bauten, ihrer Landschaft und ihren Menschen.

In Japan hatte Eichii Takeyama – der in Asakusa (Stadtteil von Tokio) geboren ist – als Kunstprofessor der Universität und Maler einen vielversprechenden Weg eingeschlagen und sich dann doch für Rothenburg entschieden. Anerkennungen und Preise zeugen neben einer langen Liste an Ausstellungen seit Ende der sechziger Jahre (vor allem in Tokio) von seinem guten Ruf als internationaler Künstler.

Ein Blick in die Ausstellung im Rothenburg-Museum. © rolf diba

Mit seinen Beziehungen und viel persönlichem Engagement hat er die Städtepartnerschaft Rothenburg-Uchiko und andere Verbindungen nach Japan hilfreich unterstützt, ebenso zum fünftgrößten Flughafen der Welt Haneda, wo er ausstellte. Er habe erfolgreich „kulturelle Brücken gebaut als japanisch-fränkischer Künstler von Rang“, würdigte ihn die Stadt.

 Die Ausstellung im Rothenburg-Museum, dem einstigen Dominikanerinnen-Kloster, ist Teil der Sonderausstellung „Pittoresk! Selbstbild-Fremdbild-Wiederaneignung”, die bis Ende Oktober dauert. Eichii Takeyama ist längst zum Rothenburger geworden. Er wird als Persönlichkeit und mit seinem Atelier eine große Lücke in der örtlichen Kunst- und Kulturszene hinterlassen.
ROLF DIBA

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