In diesem Haus in der Judengasse wohnte Papst Franziskus als Student. Foto: diba
ROTHENBURG – In der ganzen Welt trauern die Menschen um Papst Franziskus, aber wer ahnt schon, dass in der Touristenstadt Rothenburg ob der Tauber die Trauer bei manchen einen sehr persönlichen Bezug hat: das hat damit zu tun, dass es hier noch einige Leute gibt, die Franziskus persönlich getroffen haben, aber damals nicht ahnen konnten, dass er einmal das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken sein wird. Die Erinnerungstafel am mittelalterlichen Wohnhaus, in dem er gewohnt hatte, ist seit seinem Tod am Ostermontag erst recht ein gefragtes Fotomotiv.
Immer wieder fanden sich am Ostermontag Besucher vor der Judengasse 27 ein, das kleine historische Haus, in dem der damals 50jährige argentinische Priester vom 4. August bis zum 2. Oktober 1986 gewohnt hatte. Jorge Mario Bergoglio begnügte sich damals mit einem möblierten Zimmer, nur neun Quadratmeter groß und mit dem Nötigsten ausgestattet sowie Blick auf etwas Grün und Innenhof.
Vermittelt wurde dem Jesuiten-Pater die Unterkunft als Student des Goethe-Institutes, das von 1953 bis zur Schließung Ende 2005 tausende Sprachstudenten aus aller Welt nach Rothenburg brachte. Die Bildungseinrichtung wird in der Stadt nicht nur kulturell, sondern auch als Wirtschaftsfaktor vermißt, das einstige Schulgebäude wäre sogar wieder für solch einen Zweck nutzbar.
Sowohl am ehemaligen Institut in der Herrngasse 14 wie am Wohngebäude Judengasse gibt es Hinweistafeln, die mit höchstem kirchlichen Segen vor Jahren angebracht worden sind. Bei Stadtführungen wird gerne darauf verwiesen und meistens sind es kurze Haltepunkte für die Besucher beim Rundgang durch die Altstadt. Viele Hinweise darauf verbreiten sich außerdem über die diversen sozialen Netzwerke.
Am Ostermontag trafen wir etliche Touristen, die das Wohndomizil von Franziskus gezielt aufgesucht hatten, weil der Ort nach der Todesnachricht umso interessanter scheint. Eine kleine Gruppe Mexikaner zeigte sich erfreut, außer den üblichen Stadtmotiven wie Plönlein oder Jakobskirche auch Fotos von so einem ausgefallen Ort schießen zu können.
Einmaliges Dokument: die Grußkarte des späteren Papstes an die Rothenburger Gastfamilie, per Post aus Buenos Aires im April 1987.
Die Familie Erwin und Frieda Pester hatte den Goethe-Studenten 1986 in ihrem Haus beherbergt, was aber erst nachdem er Papst wurde in den Blick geriet. Sohn Walter Pester fand beim Auflösen des Hausstandes der schon länger verstorbenen Eltern in einer Bibel eine Grußkarte, die der Priester ein Jahr nach seinem Aufenthalt an die Gasteltern geschrieben hatte:
„Ich erinnere mich gerne an die Tage, die ich bei Ihnen verbrachte“ heißt es auf der handschriftlich verfaßten Karte, auf der Jose Mario Bergoglio frohe Ostern wünscht und mit den Worten schließt: „Ich bete für Sie, beten Sie für mich!“ Aufgegeben am 9. April 1987 in Buenos Aires und zum Osterfest versandt! Dieser Kartengruß ist jetzt an Ostern 2025 nach der Todesnachricht ein umso wertvolleres Erinnerungstück.
Bescheiden und sympathisch
Die Tafelenthüllung am Wohnhaus Ende Januar 2019 nahm der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick höchstpersönlich vor, zusammen mit dem Ortsgeistlichen Pfarrer Harald Sassik und Oberbürgermeister Walter Hartl. Schick berichtete von seiner Begegnung mit dem Papst nach dessen Wahl 2013, denn da habe ihm Franziskus von seinem Rothenburg-Aufenthalt erzählt: „Er hat sich vor allem an die Mutter Frieda Pester erinnert und fragte ob sie denn noch lebe“.
Bei den Pesters blieb der 50jährige Jesuitenpriester als sehr sympathischer und bescheidener Gast in Erinnerung. Er habe oft eine Kerze entzündet und stille Andacht am Fenster zum Hof gehalten. So erzählte es die 2017 verstorbene Frieda Pester.
Er hatte nur Wochen zuvor den Papst beim Weltjugendtag in Panama getroffen und ihm später auch von der Rothenburger Ehrung seiner Person berichtet. Die Brüder Reinhold und Walter Pester haben vor Jahren das kleine Häuschen aufwendig und denkmalpflegerisch saniert und der dort wohnende Walter Pester hat sich längst daran gewöhnt, dass immer wieder mal über den Gartenzaun fotografiert wird.
Die Hoffnung des Oberbürgermeisters und der katholischen Kirche, man könne den Papst vielleicht einmal in der Tauberstadt begrüßen, erfüllte sich leider nicht. Viele Rothenburg-Besucher aber dürften auch künftig neben den historischen Schauplätzen die Erinnerungsorte an den Pontifex Maximus aufsuchen.
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