ROTHENBURG – Er bleibt. In seinen Bildern, Grafiken, Skulpturen, Schnitzereien, die sich nicht nur im Künsterbund, sondern an öffentlichen und privaten Orten finden. Er bleibt präsent. Als ein Mensch mit Charakter, mit Kanten und Ecken, heimatverwurzelt und doch weit über die Mauer hinausblickend als einzigartige Künstler-Persönlichkeit. Wie soll man sich Rothenburg vorstellen, ohne dass einem „der Mobber” begegnet?
Man möchte es gar nicht. Als er vorletzten Freitag wie so häufig den traditionellen Stammtisch in der Glocke bereicherte, konnte niemand ahnen, dass es ein Abschied für immer sein würde. Peter Nedwal starb nach einem tragischen Sturz vom Fahrrad mit erst 65 Jahren am 11. März 2019 im Krankenhaus.
Viele Eigenschaften machten seine starke Persönlichkeit aus. Eine die Szene belebende Ambivalenz gehörte dazu, wenn in mancher Rede als Künstlerbunds-Vorsitzender bissige Ironie und ernste Wahrheit wechselten. Das sorgte für Aufreger und Widerspruch, war aber essentiell, um etwas voranzubringen – für die freie Kunst, aber auch für die Stadt.
Er war die ausdrucksstarke Figur auf vielen Bühnen: sei es in der Paraderolle als der Heilige St. Peter bei den Hans-Sachs-Spielen, als Kontrabassist oder auf der Kaisersaal-Bühne als talentierter Darsteller im Festspiel, ebenso in der Gesangsgruppe beim Historienfest. Seine „Hauptrolle” aber blieb immer der Künstler als Holzschnitzer, Maler und Grafiker, zuletzt auch ganz experimentierfreudig in der digitalen Welt der Kunst.
Sein künstlerischer Werdegang schien gar nicht auf eine Rothenburg-Zukunft ausgelegt. Wer Holzbildhauer in Oberammergau lernt (nach Industrie-Design) und den Meisterkurs an der Akademie in München sowie die Meisterprüfung zum Holzbildhauer als Bester absolviert, muss sich nicht in der Kleinstadt wohlfühlen. Schon gar nicht, wenn noch ein zeitweises Studium an der königlichen Akademie in Kopenhagen dazu kommt. Der international bekannte dänische Bildhauer Robert Jacobsen hat ihn als sein Mentor entscheidend geprägt, das zeigen manche seiner mutigen Skulpturen und Kreationen.
Doch „Mobber”, wie ihn alle freundschaftlich nannten, kehrt zurück, will hier arbeiten und setzt über die Jahrzehnte bleibende Zeichen. Als Künstlerbunds-Vorsitzender war er Impulsgeber. In die Politik mischte er sich pointiert ein, wenn er es für nötig hielt, war Anreger im Bauausschuss, engagierte sich nachhaltig im Vorstand von Alt-Rothenburg für die Denkmalpflege und eine Stadtentwicklung mit Augenmaß.
Seine Kreationen als Objektkünstler und Grafiker zeigten in ihrer abstrakten Intention weit über die Stadtmauer hinaus. Dem historischen Rothenburg gab er in der künstlerischen Darstellung eine Bedeutung, die nichts mit Kitsch und Romantisierung zu tun hat.
Ein begnadeter Künstler, der für spannungsgeladene Wechselwirkungen zwischen Historie und Moderne sorgte, ein streitbarer Geist für die Sache. Seine tanzenden Paare, das Objekt im Krankenhaus-Garten, Metall- und Holzfiguren, die Madonna, die ihm typische Formensprache und räumliche Faszination seiner Metall-Objekte beeindrucken. Von einer künstlerischen Gratwanderung, die ihn nie in provienzieller Belanglosigkeit landen ließ, schrieb die Kritik.
„Hoffen wir, dass Peter Nedwal als Riese unter Zwergen der ihm gebührende lange Schatten auch zuerkannt wird” – so drückte es Dr. Karl-Heinz Schneider in seiner Laudatio 2013 bei der Werkschau in der Korn-Halle aus. Im Grunde war Peter Nedwal ein Heimatverbundener, der Tradition verpflichtet und doch ein Freigeist-Denker. Künstlerisch hat er in vielen Facetten bis hin zu pop-artigem Konstruktivismus und mit klaren Linien überzeugt.
Peter Nedwals künstlerische Vielseitigkeit und Experimentierfreude setzten Akzente: die Druckgrafiken, die geschnitzte Figur des Schutzpatrons in der Langspringer Klosterkirche oder der Kreuzweg für St. Johannis, Portraits und Tiergemälde in Pastell und Kreide ( mit Anklängen an Rudolf Schacht), sind einige Beispiele. Ausstellungen im In- und Ausland fanden ein bemerkenswertes Echo.
Fehlen wird er auch als eine sehr kritische und doch versöhnliche Stimme im öffentlichen Leben der Tauberstadt. Seine Geselligkeit und Genußfreude mit verschmitztem Humor schätzte man nicht nur beim Stammtisch. Peter Nedwal hatte eine große Präsenz in dieser Stadt. Am heutigen Freitag um 13 Uhr findet die Trauerfeier für ihn in der Friedhofskapelle statt. Die Rothenburger werden „ihren Mobber“ schmerzlich vermissen.
ROLF DIBA