Klinik-Definitionen: Der Inhalt zählt

Klinik-Definitionen: Der Inhalt zählt

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Die Kommentar-Schreibmaschine. Foto © rolf diba

DIE MEINUNG ZUM THEMA ANREGIOMED-ZUKUNFT

Ab 2020 soll sich das Verbundklinikum Anregiomed an allen drei Standorten von Ansbach über Rothenburg bis Dinkelsbühl auf den Weg zu einem „interdisziplinären Gesundheitszentrum“ entwickeln, nochmal: an allen drei, es geht also nicht nur um die zwei Grundversorger! Damit hat Klinikchef Dr. Sontheimer den Begriff in der Podiumsdiskussion endgültig salonfähig gemacht, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit der von ihr beauftragten Studie aufbrachte. Sie fordert demnach die Einführung von „intersektoralen“ Gesundheitszentren. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht das ganz anders und befürchtet die Umwandlung ländlicher Krankenhäuser zu „ambulanten Behandlungszentren mit betreutem Schlafen“. Die Wahrheit könnte auch irgendwo dazwischen liegen, der Teufel steckt im Detail und der mächtigere Interessenvertreter wird sich wohl durchsetzen.

Selbst diese über Krankenhaus-Standorte entscheidende Debatte ist nur ein Teil der breit gefächerten Auseinandersetzung um die Zukunft unseres Krankenhaus- und Gesundheitswesens. Die Podiumsdiskussion des Krankenhausfördervereins Mediroth in Rothenburg ob der Tauber war lediglich ein vorsichtiger Einstieg ins Thema, denn jetzt geht es erst richtig los. Ob die Protestparolen vom „als Gesundheitszentrum getarnten Kliniksterben“ wirklich zutreffen, zeigt sich schon bald.

Klinik-Manager Dr. Gerhard Sontheimer ist erfahren in großen Strukturen: Mit der „Gesundheit Nord-Hessen“ hatte er eine Holding Aktiengesellschaft für sechs Krankenhäuser geleitet und war als harter Sanierer bei Politik und Ärzteschaft erheblich angeeckt. Das sei eben das Schicksal eines Managers, der durchgreifen müsse, um in der Sache erfolgreich zu sein, kann er dagegenhalten. Am Ende bescheinigte ihm Kassels Oberbürgermeister dann doch noch, er habe den Krankenhausverbund „grundlegend und innovativ umstrukturiert und alles für den Erhalt der Gesundheit Nordhessen als zentrales Element kommunaler Daseinsvorsorge getan“.

Natürlich darf man die turbulenten und extrem kostenintensiven Anfangsjahre von Anregiomed seit 2013 nicht übersehen, Sontheimer hat die Altlast übernommen, steht unter Druck und ist noch nicht mal zwei Jahre im Amt. Für den 58jährigen könnte die Rettung des Verbundes zur Lebensaufgabe werden. Anregiomed ist zum Erfolg verdammt, scheitert das Konzept droht vermutlich die Übernahme durch einen Privat-Konzern, falls der kommunale Träger keine Lust mehr auf zehn Millionen Jahresdefizit hat.

Politisch ständig auf Berliner Zuständigkeiten und die Kassen zu verweisen, ist zu einfach, denn kommunal- und landespolitisch entwickelt sich, was am Ende bei der Bundesregierung und in der Gesetzgebung ankommt. Anregiomed ist schließlich ein Kommunalunternehmen der Stadt Ansbach und des Landkreises. Die Bürger sind als Steuerzahler quasi Mitfinanzierer und Mitarbeitgeber. An der Basis gilt es deshalb wirksam die Stimme zu erheben. Auch deshalb ist die von Rothenburg ausgehende Petition, die jetzt bundesweit Furore macht, so wichtig, weil sie berechtigte Anliegen der Bevölkerung im Gesundheitswesen ausdrückt.

In Ballungszentren kann der Patient in der Regel aus einem breiten Krankenhaus-Angebot auswählen und hat alles um die Ecke.  Aber es gibt auch z.B. den Landkreis Ansbach als flächenmäßig größter Bayerns (deutschlandweit an 32. Stelle), in dem drei (geographisch wie in einem Dreieck verteilte) Kliniken Sinn machen – zumal zwei davon ein württembergisches Einzugsgebiet haben.

Wenn sich tatsächlich die bestehenden Fachabteilungen in Rothenburg (inklusive der kardiologisch hervorragenden Leistungen) und Dinkelsbühl erhalten ließen, der Krankenhauscharakter im Grunde bliebe und sogar noch niedergelassene Ärzte dazukämen, wären vermutlich alle glücklich. Dann möge man das am Ende „integriertes, interdisziplinäres oder sonstiges“ Gesundheitszentrum nennen – wichtig ist, was in der neuen Verpackung wirklich drin ist!  „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ gilt für den Klinikvorstand wie für die zuständigen Politiker.

Ein Kommentar von ROLF DIBA

 

 

 

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