Künstler und Kritiker als begnadeter Karikaturist und Maler

Künstler und Kritiker als begnadeter Karikaturist und Maler

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Vor einer Vitrine, die mit dem Banjo auch auf den Musiker Robert Hellenschmidt hinweist. Mit den Kuratoren Ruth (seiner Schwester) und Bernd Edelhäuser. © diba-foto

ROTHENBURG – Das Rothenburg-Museum im Klosterhof steht mit seinen kulturellen Angeboten immer mehr im Publikumsinteresse. Dazu gehört die „Pittoresk“-Reihe, die mit der Sonderausstellung „Strich für Strich“ den letztes Jahr verstorbenen Künstler und Karikaturisten Robert Hellenschmidt würdigt. Nach erfreulich guter Nachfrage wurde die seit November bestehende Werk-Auswahl überarbeitet, ergänzt und  bis zum 4. Juni 2023 verlängert.

Mit „Strich für Strich – bissig, pitoresk, lokal“ betitelt ist die Ausstellung, die jetzt 42 Karikaturen und Bilder des Künstlers umfaßt, wobei etliche Werke getauscht wurden.  Eine eher unbekannte Seite des Schaffens von Robert Hellenschmidt wird mit den neu hinzugekommen  sechs Rembrandt-Studien aufgeschlagen. Dabei handelt es sich um beeindruckende Bleistift-Federzeichnungen mit überraschender Perfektion.  Nicht nur  in der Zeichnung,  auch mit Ölbildern (darunter stimmungsvolle Landschaften meist in Privatbesitz) hatte der Künstler überzeugt, sich aber  seit 1980 immer mehr auf die Karikatur ausgerichtet, die er zur Perfektion trieb.

Dr. Jörg Christöphler, der städtische Kultur- und Tourismuschef, hatte die Ausstellung noch zusammen mit Robert Hellenschmidt geplant, die mit seiner Schwester Ruth   und deren Mann Bernd Edelhäuser aus deren Privatbesitz realisiert werden konnte. Mit seinen oft zeitkritischen nicht nur lokal bezogenen Karikaturen hat er 42 Jahre lang den „Fränkischen Anzeiger“ bereichert und war auch immer wieder überregional gefragt.

Erinnerungen an den Künstler sind auch mit Dokumenten und Gegenständen in Vitrinen zu sehen. Fotos © rolf diba

Dr. Christöphler betonte bei der Neugestaltung die Attribute, die den Künstler von anderen Karikaturisten abheben. Es ist die Art wie er seine Zeichnungen und Bilder ausführt. „Die Karikatur lebt von der Linie, der  spitzen Feder, ihr Gegensatz ist eigentlich die Malerei, aber für das Malerische mit Licht, Schatteneffekten und räumlichen Tiefen, die er kreiiert, hat Robert Hellenschmidt stets Maß genommen an Rembrandt!“  Dadurch entstehe in seinen Werken gewissermaßen „ein Überschuß an Licht- und Schatteneffekten in den Karikaturen“, der für die besondere Wirkung sorgt.

Die Einordnung der Ausstellung in die Pittoresk-Reihe (Untertitel: Selbstbild-Fremdbild-Wiederaneignung) im Rothenburg-Museum   läßt sich mehrfach begründen. Neue Wege beschreitet man dahingehend, dass „gegen Überformung des Rothenburg-Bildes durch den Tourismus eine Wiederaneignung durch Teilhabe bürgerschaftlicher Gruppierungen stattfinden wird, indem verschiedenste Projekte in die Ausstellungsreihe integriert werden“, heißt es offiziell verlautbart.

Das steht auch im Spannungsbogen zur verkitschten und zur romantisierenden allzu märchenhaften Darstellung der Stadt. Dazu  sind die Arbeiten Hellenschmidts, der mit dem Zeichenstift die Verwerfungen und Verirrungen, die Wunden bloßlegte, ein deutlicher Gegenpol.  Im letzten der drei Ausstellungsräume ist dieser Gegensatz an gegenüberliegenden Wänden bewußt dargestellt.

Viele seiner Karikaturen haben bleibende Aktualität: so dieses Ausstellungs-Werk Hellenschmidts zur Welt-Kriegslage. Zeichnung © Robert Hellenschmidt, Foto: rolf diba

Christöphlers These und Heraushebung des Hellenschmidtschen Könnens wird von auswärtigen Kritikern bestätigt. So schreibt der Maler und Kunsterzieher HG Lehmann, (ein im Chiemgau lebender gebürtiger Rothenburger) anerkennend: „Robert Hellenschmidt zaubert mit dem schlichten Mittel des Kreuzschraffierens und zeitweilig Konturbetonung, Zeichnungen, die in ihrer poetischen Zartheit Bilder sind und sich wesentlich von anderen Karikaturisten unterscheiden. Seine Blätter gedeihen so zur Poesie mit Tiefgang und Wurzelwerk im Alltag und dabei erreichen sie  Zeitlosigkeit“.  Man kann auch sagen, seine Werke geben dem Schwarzweißen ungeahnte Farbigkeit.

Es ist ein großer Unterschied, ob man diese Zeichnungen als einzelne Wandbilder betrachtet oder sie im 270 Karikaturen enthaltenden Buch im kleinen Format studiert – das ist es, was das Original ausmacht, das den Betrachter nachhaltig anspricht und die Feinheiten im Umgang mit dem Zeichenstift offenbart. Nicht umsonst haben die angebotenen Führungen durch die Ausstellung viel Zuspruch gefunden. Ab April wollen sie die Kuratoren Ruth und Bernd Edelhäuser deshalb auch wieder aufnehmen. Der dazu erschienene umfassende Karikatur-Band ist die abschließende 7. Buchveröffentlichung. Er kann auch als begleitender auf das Gesamtwerk bezogener Ausstellungsband gesehen werden.

Zwar geht es thematisch um viel Lokalkolorit, aber doch weisen die meisten Arbeiten in ihrer hintergründigen Aussage darüber hinaus, treffen wunde Punkte in einer Stadtgesellschaft und vor allem im Umgang mit dem Tourismus, der ein beliebtes Karikaturthema war bis hin zur warnenden Darstellung vor einer Walt-Disney-geprägten Märchenstadt. In der Fülle von über 1900 Karikaturen, die in 42 Jahren in der Samstagsausgabe der Zeitung publiziert wurden, spiegelt sich „gezeichnete Kleinstadtgeschichte“, die Botschaft oft in ein Schmunzeln über die gemalte Szenerie verpackt! Dazu kommt Hellenschmidts Stärke beim zeichnerischen Umsetzen globaler Themen wie Terrorismus, Rüstung, Hunger, Flüchtlingsdrama, Klimawandel oder aktuell Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg.

Aus der Karikatur-Ausstellung: Rothenburg als propagierte Märchenstadt im Disney-Stil. Zeichnung © Robert Hellenschmidt. diba-foto

Ergänzt wird die Schau in der Museums-Galerie durch Vitrinen mit Dokumenten und Gegenständen von Mal-Utensilien und Skizzen bis zum Banjo, die an das Leben des Künstlers erinnern, der auch Musiker und begeisterter Hobby-Astrologe war. Vielen Besuchern aus der fränkisch-hohenlohischen Region, vor allem aus dem Württembergischen, war er  wohl eher als Kulturmanager ein Begriff, der ein Vierteljahrhundert lang für die Korn-Kultur-Reihe verantwortlich war und bekannte Künstler nach Rothenburg brachte – ein Angebot, das ohne ihn nicht mehr fortgesetzt wird,  was ein großer Verlust im regionalen Kulturangebot ist.

Umso interessanter dürfte für viele ein Besuch der Hellenschmidt-Ausstellung im Rothenburg-Museum sein. Dort finden jeweils um 15 Uhr an den Samstagen im April 45-minütige Führungen durch die Kuratoren statt.
Ein Besuch läßt sich ideal verbinden mit dem Blick in die Ausstellung „Inside Out“ des Lehrstuhls für Städtebau der Hochschule Aachen, wo gewagte Modellentwürfe von Studenten für eine Verbindung zwischen Alt- und Neustadt zu sehen sind. Mit derartigen Ausstellungen, Musik und weiteren Kulturangeboten zusätzlich zum saisonalen Toppler-Theater im Klosterhof soll aus dem Museum ein „Erlebnis- und Begegnungsort“, werden, der für die dringend benötigte steigende Besucherzahl sorgt.
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ROLF DIBA

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