ROTHENBURG – Mit dem Künstler und Kulturmanager Robert Hellenschmidt hat Rothenburg eine große Persönlichkeit verloren. Er prägte entscheidend das kulturelle und gesellschaftliche Leben mit regional ausstrahlenden Veranstaltungen in der Korn-Kultur-Halle. Als Karikaturist machte er sich ebenso einen Namen wie er als Musiker und Jazzer geschätzt war. Viele Spuren seines Wirkens werden bleiben, aber in der Stadt hinterläßt sein Tod eine nie mehr zu schließende Lücke.
Er hatte zusammen mit dem Unternehmer Karl Korn (verstorben 2014) und bis zuletzt mit dessen Sohn Peter aus einem modernen Autohaus eine Kulturstätte mit überregionaler Ausstrahlung entwickelt. Zum Stammpublikum aus dem Fränkisch-Hohenlohischen gesellten sich Besucher von weiter her. Der Erfolg in Zahlen: über 800 Künstler und 120 000 Besucher bei rund 500 Veranstaltungen als Bilanz zum 25jährigen Bestehen 2020, das leider coronabedingt nicht einmal gebührend gefeiert werden konnte.
Kunst-Kultur-Korn im architektonisch modernen Stahl-Glas-Rundbau war eine in der Branche viel beachtete Symbiose von Auto- und Kulturhaus, deren Inhalt Robert Hellenschmidts Handschrift trug bei der Auswahl von namhaften Künstlern, die man sonst nie in der Kleinstadt gesehen hätte. Zugleich ist es eine Bühne für wissenschaftliche Foren, Ausstellungen, Fachvorträge und Modeschauen. Wie und ob dies noch fortgeführt werden kann, ist offen.
Der gebürtige Rothenburger, Jahrgang 1945, war ein Ausnahmetalent. Autodidaktisch hat er sich seine künstlerische Vielseitigkeit erworben: als Musiker und Banjo-Spieler in der Old Time Jazz Band sowie als Maler, dessen Ölgemälde und Grafiken überzeugten. Anläßlich seiner ersten großen Ausstellung im Jahr 1980 war der Industriekaufmann vom Lokalredakteur des „Fränkischen Anzeigers“ als Karikaturist entdeckt worden.
Über 1900 Karikaturen haben seitdem die Tageszeitung bereichert und sechs Buchveröffentlichungen zeugen von seinem Schaffen. Mit spitzer Feder nahm Robert Hellenschmidt nicht nur das örtliche Geschehen aufs Korn, sondern auch generelle Themen, häufig mit einem bemerkenswerten Weitblick bei Klima, Hungersnot, Krieg und sozialkritischen Betrachtungen. Mit seinen Zeichnungen mischte er sich hintersinnig ins kommunal- und tagespolitische Geschehen ein, bereicherte mit deutlicher Kritik, aber klarer Perspektive, öffentliche Debatten. Seine Verbindung von kleinstädtischem Mikrokosmos mit dem Makrokosmos der Welt gab den Zeichnungen ungeahnte Tiefe.
Als Kulturmanager war er in der Region ein Begriff, verstand es die Kontakte zu bekannten Künstlern aufzubauen. Bei allem, was er anpackte waren die Ansprüche hoch, Qualität und Perfektion seine Voraussetzung. Namen wie Helen Schneider, Fred Bertelmann, Götz Alsmann, Kabarettisten wie Django Asül, Erwin Pelzig, Dieter Nuhr, Urban Priol, Reiner Kröhnert sind zu nennen. In der Musik mit Wolfgang Niedecken und Ludwig Hirsch über die Frankfurter Jazz Big Band bis zu Quadro Nuevo und dem Pasadena Roof Orchester. Julia Neigel, Paul Kuhn und Constantin Wecker gastierten auf der Korn-Bühne.
Und dann gab es noch den Astronomen Hellenschmidt, der mit einem Riesenfernrohr in andere Galaxien blickte, was ihn zu philosophischen Gedanken und tiefsinnigen Erkenntnissen über Leben und Tod inspirierte. Bei Sternenführungen gab er sein Wissen weiter.
Robert Hellenschmidt hat der Stadt viele Impulse gegeben, seine Meinung ungeschminkt vertreten, sich nicht nur mit Karikaturen in die Kommunalpolitik eingemischt. Ein kritischer Geist, ein Impulsgeber und in vielen Dingen ein wertvoller Berater. Der Blick in seine Karikaturbände ist zugleich dokumentierte Zeitgeschichte.
Vor allem aber war er nicht nur für seine Freunde ein liebenswerter Mensch und starker Charakter, ein Ratgeber, Inspirator und manchmal auch Vermittler. Er liebte das Leben, das er genossen hat. In St. Jakob fand es in einer großen Trauerfeier die letzte Würdigung.
ROLF DIBA