Eine prägende Künstlerpersönlichkeit

Eine prägende Künstlerpersönlichkeit

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Im Rothenburg-Musuem: Einblick in das Werk des Künstlers Heiner Krasser. © ROLF DIBA

ROTHENBURG – Der Besuch der großen Retrospektive des Malers Heiner Krasser im Rothenburg-Musem läßt einen eintauchen in die hundertjährige Geschichte des  Rothenburger Künstlerbundes. Zwei Jahrzehnte lang hat dieser 2005 verstorbene Künstler als Vorsitzender den für die Kulturarbeit so wichtigen Verein geprägt und bis heute befruchtet er die Künstlervereinigung durch seine Gemälde. Wie sehr, das zeigt sich an der Sonder-Ausstellung, die noch bis zum 1. Mai 2024 im Refektorium des Rothenburg-Museums im ehemaligen Dominikanerinnenkloster zu sehen ist.

Der Künstlerbund wurde schon bald nach seiner Gründung zu einer einflussreichen das Kulturleben befruchtenden Vereinigung in der Stadt. Er spielte  auf seine Art eine ähnliche Rolle wie das Historische Festspiel vom Meistertrunk, das man bereits seit 1881 bis heute jedes Jahr aufführt. Dabei scheint sich das Festspiel mit dem Nachwuchs leichter zu tun und findet eher neue Mitwirkende. Dagegen lassen sich die längst verstorbenen akademischen Maler und Künstlerpersönlichkeiten nicht mehr ersetzen.

In dieser schwierigen Situation hat der Künstlerbund sich breiter für Interessierte geöffnet und versucht, im Digital- und Internetzeitalter neue Wege  zu gehen. Nach mehrmaligem Wechsel in der Vorstandschaft leitete seit 2021 die Grafikdesignerin Carmen Hiller die Vereinigung. Im nun bereits 101. Jahr des Bestehens blickt man in dem Verein wieder hoffnungsvoller nach vorne. Seit März gibt es jetzt mit Luise Limburg eine neue 1. Vorsitzende der Vereinigung.

Während es heute für einen Traditionsverein wie den Künstlerbund  ums Überleben geht, verkörpert der 1927 in Bad Windsheim geborene Heiner Krasser noch eine völlig andere Zeit. Im Kriegsjahr 1943 wurde Krasser  als Rothenburger Oberschüler zur Wehrmacht eingezogen, 1947 legte er dann in der Tauberstadt das Abitur ab. Danach folgte drei Jahre lang ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Der private Malunterricht bei Max Ohmayer kam hinzu.

Sohn Harald Krasser und Enkelin Stefanie Friedlein bereichern ihre Führungen mit Geschichten aus eigenem Erleben. Foto: rolf diba

Schon 1952 trat Krasser dem Künstlerbund bei und war von 1972 bis 1992 dessen prägender erster Vorsitzender,  als bedeutender Maler und Künstlerpersönlichkeit aber schon lange vorher präsent. Seine umgängliche, aufgeschlossene Art war im gesellschaftlichen Leben des Vereins geschätzt.  Als „lebenslustig, humorvoll, unterhaltsam und ein Familienmensch“ schildert ihn sein Sohn.

Aus dem umfangreichen Schaffen von fünfzig Jahren Malerei ist derzeit eine Auswahl von 40 Bildern  in der Ausstellung zu sehen, die zugleich die erste Krasser-Retrospektive darstellt und den Titel „Stilleben und Landschaften“ trägt. Bestimmend sind dabei die 35 Landschaften, zehn Stilleben und fünf Kupferdrucke kommen hinzu. Der Sohn Harald Krasser und Enkelin Stefanie Friedlein trugen entscheidend zu der gelungenen Werkschau bei, die sie zusammen mit Kultur- und Tourismuschef Dr. Jörg Christöphler kuratiert haben.

Der Natur zugewandt

In Begleittexten heißt es, Heiner Krasser habe sich sich auf eine naturalistische, sehr einfühlende Weise der Natur zugewandt und mit seinen Bildern – im Pinselstrich vom Impressionismus beeinflusst – brilliert. Das zeigt sich neben den Landschaften auch in seinen Gemälden von Feldblumensträußen. Die fränkischen Motive mit ihrer stillen Melancholie erinnerten „an entfernte Einflüsse der niederländischen Landschaftsmalerei“, heißt es. Bezeichnend seine lichtdurchfluteten mediterranen Landschaften, die noch ans klassische Landschaftsbild denken lassen.

Dem im März 1923 gegründeten Künstlerbund war es kurz nach dem ersten Weltkrieg wichtig, gemeinsame Marktinteressen für die Mitglieder wahrzunehmen, denn schließlich ging es (bis heute) vor allem um den Verkauf der Kunstwerke, von denen früher die meisten Künstler ­­leben mußten. Rothenburg war  schon Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts von großen Malern aus dem In- und Ausland entdeckt worden und der Tourismus entwickelte sich stetig.  Somit bot sich für den Künstlerbund ein ideales Umfeld in der Stadt.

Die konservative Kunstauffassung hat im Verein stets dominiert und so vor allem das Bild einer ländlichen mittelalterlichen Kleinstadt mit ihren pittoresken Winkeln in der Altstadt verkörpert. Die frühen fortschrittlicheren Stilentwicklungen wie Expressionismus, Kubismus und abstrakte Malerei, waren in der Vereins-Gründerzeit kein Thema, sie zeigten sich erst später, allerdings nur durch „einzelne Ausreißer in der frühen Nachkriegszeit“ wie es in einem Begleittext erläutert wird.

Eindrucksvolle Sonderausstellung „Stilleben und Landschaften“ des Malers und früheren Künstlerbund-Vorsitzenden Heiner Krasser im Rothenburg-Museum. Foto © rolf diba

Diese große Retrospektive  ist deshalb ein Glücksfall, weil mit dem Künstler Heiner Krasser und seinen Arbeiten zugleich viele Einblicke in die örtliche Kunstszene der Zeit nach dem Krieg bis in die neunziger Jahre gegeben wird. Man denkt an den legendären Künstlerstammtisch in der „Glocke“. Es ist ein Anknüpfen an die bekannten Künstler-Namen wie Rudolf Schacht,  Hans Böhme, Max Ohmayer, Willy Förster, Franz Bi oder Hans Prentzel. ohne die der Verein nach 1945 nicht denkbar gewesen wäre.

Die Ende September letzten Jahres eröffnete Ausstellung hat zwischenzeitlich sehr viel Zuspruch gefunden, vor allem auch bei den Führungen durch die Familien-Angehörigen. Eine nachgestellte Ateliersituation mit Originalutensilien  des Künstlers vermittelt Atmosphärisches. Harald Krasser weiß dazu manch erheiternde Episode aus dem künstlerischen und geselligen Leben des Vaters, der auch begeisterter Jäger war, zu berichten.

Wer sich noch einen sachkundig geführten Rundgang durch die Ausstellung gönnen will, hat dazu noch  an den Sonntagen 14. April um 15 Uhr  und letztmals am 28. April um 11 Uhr  Gelegenheit. Die Ausstellung im Rothenburg-Museum ist im  April täglich von 9.30 bis 17.30 Uhr geöffnet. Es sind anschauliche, sehenswerte Eindrücke aus einer vergangenen Rothenburger Kunstszene, die durch Heiner Krassers Arbeiten wieder ein bisschen lebendig wird.

ROLF DIBA

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