Rothenburg – „Die Hoffnung stirbt zuletzt” sagt Rothenburgs Oberbürgermeister Walter Hartl auf die Frage nach der Wirksamkeit der Onlinepetition gegen das Krankenhaussterben auf dem Land, die von Rothenburg ausging und nun bundesweit auf ihren Abstimmungserfolg zusteuert. Unterdessen wird vor Ort die öffentliche Diskussion um den Anregiomed-Krankenhausverbund im Landkreis Ansbach von der Frage beherrscht, was man genau unter einem Gesundheitszentrum versteht. Die Rothenburger und Dinkelsbühler Klinik soll nämlich darin die Zukunft sehen. Aber wäre das überhaupt noch eine Klinik? Gut ein Viertel der Rothenburger Patienten kommen aus dem Württembergischen, auch ringsum ist die Krankenhauslandschaft im Umbruch, so nach dem Zusammenschluss der Diakonie-Kliniken Neuendettelsau und Schwäbisch Hall.
Es kommt von allen Seiten landesweit knüppeldick mit Forderungen zu mehr Konzentration im Krankenhauswesen, vielzitiert wird dabei die Bertelsmann-Studie, nach der Experten tabula rasa machen und von noch 1400 Krankenhäusern bundesweit über die Hälfte am liebsten schließen würden. Darin sehen die Politiker vermutlich keine Lösung, doch sie bekommen kräftig Gegenwind von Forderungen wie z.B. der Kassenärztlichen Bundes-Vereinigung. Da werden„intersektorale Gesundheitszentren (IGZ) zur „Transformation kleiner ländlicher Krankenhausstandorte” gefordert.
Aber auch unter der Ärzteschaft gibt es teils widerstreitende Standpunkte. „Mensch vor Profit” forderten 215 Ärzte mit einer Erklärung (anfang September im „stern”) gegen das Diktat der Ökonomie in den Krankenhäusern, die außerdem von einschlägigen Organisationen, Ärztekammern und Vereinen unterzeichnet wurde.
Vorstand bringt IGZ ins Gespräch
Begriff wieder abgeschwächt
Inzwischen rudert der Vorstand zurück und betont, das angesprochene Gesundheitszentrum habe überhaupt nichts mit dem IGZ zu tun, wie es die Kassen fordern – nur warum wird es dann so explizit von Dr. Sontheimer ins Gespräch gebracht? Es gebe eben verschiedenste Interpretationen heißt es und Sontheimer spricht vom Trend zu mehr „intersektoraler Vernetzung”. In Gesundheitszentren nach seinem Verständnis finde „ambulante, aber auch stationäre Versorgung durch mehrere zusammengeschlossene Partner statt. Wie umfangreich diese Angebote sind, ist individuell für jeden Standort festzulegen.” Dr. Sontheimer hebt hervor: „Aus unserer Sicht ist der Klinikstandort Rothenburg aus dem Konzept der medizinischen Versorgung nicht wegzudenken!”
Bettenzahl reduziert
Ansbach wurde von 400 Betten um 10 Prozent auf 360, Rothenburg um gut 8 Prozent von 180 auf 165 Betten und Dinkelsbühl um fast 15 Prozent von 170 auf 145 Betten reduziert. Das mag noch nachvollziehbar mit teils zu niedrigen Auslastungszahlen und der immer kürzeren Verweildauer zusammenhängen. In Rothenburg aber fehlt neuerdings die Elektrophysiologie, außerdem steht das bisherige bewährte Küchenkonzept in Frage. Welche Änderungen sich für die vielgepriesene mediterrane Küche unter Chefkoch Gerhard Wüchner ergeben bleibt abzuwarten. Es müsse „einfach alles auf den Prüfstand“ stellt Pressesprecher Rainer Seeger fest. Ob der Klinikausstieg aus dem Notarztdienst oder Veränderungen in der 24-Stunden-Bereitschaft der Rothenburger Kardiologie – alles kann sich schnell summieren und das Gesamtangebot schmälern. Hinzu kommt die allgemeine Schwierigkeit neues Fachpersonal zu finden.
Neue Fragezeichen
Während sich Vorstand Dr. Sontheimer mit neuen Interpretationen um Schadensbegrenzung zum Begriff des Gesundheitszentrums bemüht, hält der Landtagsabgeordnete und bayerische Patienten- und Pflegebeauftragte Dr. Peter Bauer (Freie Wähler) die Kassenidee vom IGZ sogar für sinvoll, betont aber, es sei trotzdem ein medizinischer Schwerpunkt nötig.
Fest steht, dass die aktuelle Debatte mehr Fragen aufwirft als beantwortet, dabei hängt Grundlegendes mit der bundes- und landespolitischen Entwicklung zusammen. Die Petition steuert zügig auf die nötigen 50 000 Unterschriften zu (Stand über 85 Prozent), um damit beim Petitionsausschuss des Bundestages Gehör zu finden. Es wäre ein großer Erfolg für die Initiative des Klinik-Fördervereins Mediroth aus Rothenburg. Aber noch fehlen rund 8000 Unterschriften. Im schon beginnnenden Kommunalwahlkampf (März 2020) hat das Klinikthema Priorität.