ROTHENBURG – Wird es nun wirklich was mit einem 170-Zimmer-Hotelbau auf dem Jahrzehnte brach liegenden ehemaligen Brauhausgelände? Es laufe alles planmäßig für das geschätzt 50 Millionen Euro teuere Bauprojekt, heißt es aus dem Rathaus. Die Planung ist zwar weit gediehen, aber der Grundstücksverkauf an den Generalunternehmer läßt auf sich warten. Und nicht nur der örtliche Hotel- und Gaststättenverband lehnt ein solches Wellness-Hotel entschieden ab, ein Bürgerbegehren ist im Gespräch.
Im Jahr 1899 wurde von dem Berliner Hans Hopf vor dem Klingentor eine Dampfbrauerei erbaut, die bis weit nach dem Krieg betrieben wurde. Die Stadt hat Grundstück 1982 für 300.000 Mark gekauft – seitdem versucht man erfolglos eine sinnvolle Nutzung. Vor rund zwanzig Jahren Jahre machte das Sudhaus nochmal als „Kulturbrauhaus“ mit Ausstellungen und Veranstaltungen auf sich aufmerksam, ehe es wegen Einsturzgefahr geschlossen wurde. Bereits 2006 hatten Architektur-Studenten der Fachhochschule Koblenz spektakuläre Entwurfsstudien für eine Hotelbebauung präsentiert.
Im März 2011 machte dann ein Berliner Generalplaner Hoffnung auf einen Hotelbau und schien kurz vor dem Baubeginn zu stehen – doch es wurde nichts, weil sich Geldgeber und Betreiber nicht fanden. Schließlich schrieb die Stadt 2019 einen Architekturwettbewerb aus, den das Aalener Büro Isin Architekten gewann und auch den Planungsauftrag erhielt. Erst 2023 wurde ein genauer Bebauungsvorschlag vorgelegt, der auf Anhieb die mehrheitliche Ratszustimmung (13 zu 8) bekam. Zu den Gegnern gehörte zunächst noch OB Dr. Markus Naser, aber nur wegen der Ausführungsvariante. Das Büro Isin griff die Kritik konstruktiv auf und überarbeitete die Planung grundlegend. Das neue Konzept mit veränderter Gebäudezuordnung und Aufteilung passierte schließlich Ende letzten Jahres bei nur noch einer Gegenstimme den Stadrat.
Noch kein Grundstücksverkauf
Stadtoberhaupt Dr. Naser gehört inzwischen zu den Befürwortern und meint auf unsere Nachfrage, es laufe alles planmäßig: „Das Büro Isin verhandelt aktuell mit dem Betreiber über die Vertragskonditionen.“ Allerdings räumt der OB ein, dass noch immer kein Grundstücksankauf erfolgt ist, das sei erst nächstes Jahr vorgesehen. Dies komme der Haushaltslage zupass, denn 2025 habe man Einnahmen besonders nötig. Dabei geht es nur noch um 1,5 Millionen und nicht mehr um 3,5 Millionen Euro wie die Stadt anfänglich als Verkaufserlös wollte. Dr. Naser: „Wir hoffen, dass die Vertragsverhandlungen zwischen dem Büro Isin und dem potenziellen Betreiber sowie den Investoren bis zum Sommer abgeschlossen sein werden.“
Im Blickpunkt des über 12000 qm großen grün eingewucherten Geländes an der Taubertalkante steht das denkmalgeschützte alte Sudhaus, das erhalten und erneuert wird. Abgebrochen werden die alten Wirtschaftsgebäude, ein Pferdestall und das Getreidelager sowie ein neueres Lagergebäude. Eine Besonderheit sind die historischen weitläufigen Eiskeller, die mit Rücksicht auf Fledermausquartiere gesichert werden müssen.
Zusätzliche Gästegruppen erhofft
Das Baukonzept sieht ein 4-Sterne-Hotel mit rund 170 Zimmern, Wellness, Veranstaltungen und einem Restaurant vor. Dazu soll dem alten Sudhaus ein Biergarten vorgelagert werden und zwar unter der Marke „Hofbräuhaus“. Dafür seien die Vereinbarungen schon abgeschlossen und bestätigt, heißt es. Die vom Münchner Partner für 2026 erhoffte Inbetriebnahme dürfte viel zu früh sein. Bei den von Isin selbst genannten drei Jahren Bauzeit läßt sich ein Termin 2027/28 bis zur Hoteleröffnung errechnen.
Der Wellness-, Spa- und Poolbereich soll 850 qm plus 500 qm Außenfläche einnehmen. Rund 900 qm sind für Restaurant und Tagen geplant, dazu der Biergarten mit der Außengastronomie. Die Park- und Grünanlage wird 3000 qm umfassen, 80 Stellplätze sind in der Tiefgarage vorgesehen, Dazu Außenstellplätze für Pkw und Busse.
Pro und Contra
Rothenburgs Tourismus- und Kulturamtschef Dr. Jörg Christöphler ist ein Verfechter des Projektes. Er hält ein solches Hotel für dringend notwendig, weil es einen neuen Gästekreis erschließe. Auch gelte es der Konkurrenz in der Umgebung in dieser Klasse etwas entgegenzusetzen. Davon profitierten letztlich die vorhandenen Hotels und Restaurants sowie der Einzelhandel, betont er.
Da ist der örtliche Hotel- und Gastättenverband ganz anderer Ansicht, er gibt sich „tief besorgt“ und sieht Traditions-Hotels gefährdet. In öffentlicher Stellungnahme zeigt sich Vorsitzender Volker-Markus Meinold enttäuscht, dass die ursprüngliche Absicht, im 5-Sterne-Segment eine neue Zielgruppe anzusprechen, jetzt nicht mehr gilt. Nur noch von 4 Sternen Superior ist die Rede. Man schaffe damit Überkapazitäten im Bettenangebot und eine ungesunde Wettbewerbsituation.
Wie Meinold hervorhebt, zielten die Pläne letztlich „auf ein 3-Sterne-Bushotel ab und das mit einem Brauhaus wie es in München steht“. Das sei „kein Aushängeschild für Rothenburg“, so könne man sich nicht mehr von anderen Tourismushochburgen abheben. Ferner werde das Stadtbild durch die Neubauten vor der Spitaltorbastei am Taubertalhang beeinträchtigt, was „das einzigartige Flair und den Charme von Rothenburg schmälern könnte“.
„Lieber das Wildbad retten“
Ergänzend ließ man die Stadt noch wissen, es sei derzeit „viel angebrachter, sich über die Zukunft des Wildbades Gedanken zu machen“. Die Evangelische Tagungsstätte wird von der Landeskirche verkauft. Im günstigsten Fall könnte dort ein Hotelbetreiber einsteigen und eventuell die bisherige Bettenkapazität erhöhen. Außerdem existiert schon lange ein 300-Betten-Tagungshaus vor dem Galgentor, das weiter investiert. Ganz abgesehen von den Traditionshäusern mit diversen kleineren Tagungsmöglichkeiten und größeren Häusern mit 90 bis 150 Betten. Selbst in der 4 Sterne Superiorklasse existieren schon sechs Hotels.
Man ist nicht allein mit der Kritik. Das Landesamt für Denkmalpflege lehnt auch den neuesten Bebauungsplan ab, der Stadtheimatpfleger plädiert in seiner Stellungnahme für „eine sinnvollere Verwertung des Grundstücks“ und auch der Verein Alt-Rothenburg sieht das Stadtbild beeinträchtigt. Frühere Vorschläge zur Wohnbebauung werden ins Spiel gebracht. 2004 war in einer Studie zur Stadtentwicklung (Büro Döllinger) von einem idealen „lebendigen Mehrgenerationenstandort“ die Rede. Eine Seniorenresidenz diskutierte man im Stadtrat schon vor dreissig Jahren als Möglichkeit.