OB-Wahl Rothenburg mit drei Alternativen

OB-Wahl Rothenburg mit drei Alternativen

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Wer zieht 2020 ins Rothenburger Rathaus ein? Foto © rolf diba

ROTHENBURG OB DER TAUBER – Die ehemals freie Reichsstadt und heutige Große Kreisstadt war schon öfter für Wahlüberraschungen gut. So blickt man gespannt auf die Kommunalwahl am 15. März 2020, denn der bisherige parteilose Amtsinhaber Walter Hartl, 63, tritt nach 14 Jahren nicht mehr an. Zwei mittelfränkische Kandidaten  und eine württembergische Kandidatin sind bislang für die OB-Wahl nominiert.

Bei der Christlich Sozialen Union hat man sich mit Oberstudiendirektorin Martina Schlegl,48, für eine Bewerberin aus dem Bildungsbereich entschieden, die in Rothenburg geboren ist, das Abitur in Weikersheim machte und am Rothenburger Reichsstadt-Gymnasium tätig war, seit 2017 leitet sie das Gymnasium Tauberbischofsheim. Politisch bringt sie Erfahrungen in der CDU und ihren Vorstandsgremien mit.
Der Kandidat für die Freie Rothenburger Vereinigung (FRV) Dr. Markus Naser, 38, ist den Rothenburgern vor allem als Vorsitzender des Vereins Alt-Rothenburg bekannt, Der Wolfsauer (bei Rothenburg) bringt bei den Themen Stadtsanierung, Denkmalschutz und allgemeine Stadtentwicklung einige Erfahrung mit, betont aber auch seinen Zugang zu Rothenburg als Industrie- und Gewerbestandort sowie Bildungsort. Sach- statt Parteipolitik ist dem Bewerber wichtig, vor „heißen Eisen“ hat er keine Scheu.
OB-Bewerber (von links): Dr. Markus Naser FRV, Martina Schlegl CSU, Harry Scheuenstuhl SPD. Fotos © rolf diba
Die Sozialdemokraten, die bis  2006 mit Herbert Hachtel für drei Perioden den Oberbürgermeister gestellt hatten, präsentieren in Harry Scheuenstuhl, 57, aus Wilhermsdorf einen Kandidaten mit kommunal- und landespolitischer Erfahrung sowie Verwaltungskenntnissen. Er war nicht nur Gemeinderat und Kreisrat, sondern auch zwei Perioden 1. Bürgermeister der 5600 Einwohner zählenden Marktgemeinde im Landkreis Fürth. Von 2013 bis 2018 gehörte er auch dem Bayerischen Landtag an. Den öffentlichen Dienst lernte Scheuenstuhl durch seine neunjährige Tätigkeit im Landratsamt Ansbach kennen. Und schließlich kann der gelernte Diplom-Ingenieur auf diverse Ehrenämter in der SPD verweisen, vom Juso-Vorsitzenden bis zum heutigen Kreisverbandsvorsitzenden.

Wahlkampf läuft langsam an

Die intensive Wahlkampfphase beginnt für alle erst im neuen Jahr, wobei man schon jetzt drauf achtet in der Öffentlichkeit bei passenden Gelegenheiten präsent zu sein. Auch flattern schon erste Wahlprospekte in die Briefkästen und eigentlich wollen alle intensiv den Kontakt zur Bevölkerung suchen, was auch Hausbesuche einschließen dürfte. Als zentrales Thema sehen die drei Bewerber den Erhalt des Krankenhauses in Rothenburg an, da möchte jeder beim Wähler punkten. Und übereinstimmend erklären Bewerberin und Bewerber auch wie sehr ihnen die Altstadt, aber ebenso die Stadt als Ganzes mit den Neubauvierteln, mehr Wohnungsbau und der Industrie- und Gewerbestandort sowie die Bildungsstadt mit ihren schulischen Einrichtungen am Herzen liegt.

Gravierende Unterschiede lassen sich zumindest in den derzeitigen Aussagen noch kaum erkennen, höchstens leicht unterschiedliche Schwerpunkte. Die CSU-Kandidatin betont die Bedeutung der Bildung und unterstreicht, durch die Leitung einer Schule mit 500 Schülern und 55 Lehrern auch Verwaltungserfahrung zu haben. Zuhören, Probleme erkennen, analysieren und dann energisch anpacken, sei notwendig und das traue sie sich zu. Unter OB Walter Hartl habe sich vieles gut entwickelt und daran möchte Martina Schlegl anknüpfen.

Bezahlbarer Wohnraum und ein nachhaltiges Leerstandsmanagement haben sich auch alle auf die Fahnen geschrieben, Soziales wird außerdem in den einzelnen Wahlprogrammen auftauchen, vor allem die Kindergartenversorgung. Bei der Stadtentwicklung gibt es wohl unterschiedliche Sichtweisen, wenn man hinterfragt, wie diese konkret aussehen soll. Umwelt- und Klimaschutz möchte niemand auslassen, wobei Harry Scheuenstuhl entsprechende Projekte bei der Bebauung ankündigt. Er sieht sich als BRK-Kreisvorsitzender und verheiratet mit einer Chefärztin auch dem Krankenhausthema besonders nahe. „Die Politik muß hier den Rahmen vorgeben und wichtig ist die Allianz von Rothenburg mit Dinkelsbühl zum Erhalt der beiden Standorte”, unterstreicht er. Immer gelte es die Bürger zu beteiligen, aber da sind sich alle drei wieder völlig einig.

Dr. Markus Naser betont Kriterien, die „Rothenburg liebenswert machen”, vor allem biete es eine der schönsten Altstädte Deutschlands. Aber das sei im Zusammenhang mit dem Gewerbestandort, Handel und Handwerk sowie dem Tourismus zu sehen. Auch lebten hier viele Nationen friedlich zusammen, was den Ort auszeichne. In der Ablehnung der Bebauung des Grünstreifens am Philosophenweg unterscheidet sich Naser z.B. von seinen Mitbewerbern.

Stichwahl denkbar

Tritt nach zwei Amtsperioden nicht mehr an: OB Walter Hartl (parteiunabhängig). Foto © rolf diba

Über die Erfolgsaussichten zu spekulieren ist müßig, aber unter der Hand werden schon Prognosen erstellt, wer am ehesten in die Stichwahl kommen dürfte. Und da weder die Grünen noch die Unabhängigen Rothenburg (UR) bislang mit eigenen Bewerbern aufwarten, kann sich rein theoretisch immer noch jemand um das Amt bewerben. Schließlich war Walter Hartl aus Schwaigern 2006 auch ganz kurzfristig erst im Januar nominiert worden und trat gegen den Touristikfachmann Jochen Müssig (FRV/CSU) aus Tauberbischofsheim und den Rothenburger SPD-Bürgermeister Kurt Förster an, wobei er in der Stichwahl gegen Müssig mit 56 Prozent gewonnen hatte.

Die SPD hatte schon bei der OB-Wahl 1964 mit Alfred Ledertheil gegen das bürgerliche Lager einen überraschenden Erfolg erzielt. Ledertheil gehörte mit 35 Jahren zu den jüngsten Oberbürgermeistern Deutschlands und wurde dann 1976 von dem liberalen CSU-Mann Oskar Schubart (Rothenburger Bankdirektor) abgelöst, dem der SPDler Herbert Hachtel nachfolgte.

Im neuen Jahr wird sich bald zeigen, welche Wahlkampfthemen wirklich eine herausragende Rolle spielen und womit die einzelnen Bewerber beim Wähler punkten können. Eine mögliche Stichwahl könnte den Wahlkampf dann nochmal verlängern. Interessant wird es auch bei der künftigen Zusammensetzung des 24köpfigen Stadtrates, denn einige altgediente Mitglieder des Gremiums treten nicht mehr an.
                                                                            ROLF DIBA

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