ROTHENBURG – Er hat eine große Geschichte hinter sich, aber zur Zeit fragen sich einige, ob er auch eine Zukunft hat: der Rothenburger Künstlerbund, der über bald hundert Jahre das hiesige Kulturleben prägt und ohne den es die wiederaufgebaute Altstadt so nicht mehr geben würde, muss eine seiner kritischsten Phasen überstehen. Doch eine neue tatkräftige Vorstandschaft und engagierte Mitglieder könnten die Aufgabe stemmen. Das geht nur durch großen Zusammenhalt und mit öffentlicher Akzeptanz.
Konkrete Pläne entwickeln und sich dafür ehrenamtlich einsetzen, das ist in diesem Jahr unerläßlich, wenn man die Wende schaffen will. „Die Kulturlandschaft weiter bereichern, den etablierten Künstlern ein Netzwerk bieten, dabei Brücken schlagen mit auswärtigen Kunstschaffenden und vor allem den jugendlichen Nachwuchs fördern” das gehört zu den hoffnungsvollen Visionen wie sie der amtierende zweite Vorsitzende Patrick Riefer-Kraus im Gespräch äußert. Denn wenn Kultur in Rothenburg Bedeutung hat, dann sollte der 116 Mitglieder zählende Verein auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Doch wo liegt dessen Problem?
Finanzprobleme und Personal
Akut hängt es mit den Finanzen aufgrund von Leitungsversäumnissen, aber auch mit der personellen Lage zusammen. Noch im Dezember 2018 hatte der 1. Vorsitzende René Bissbort bei der Winterausstellung von neuen Mitgliedern gesprochen und auf die Jugendarbeit mit Schülerausstellungen hingewiesen. Aber ohne Einzelspenden hätte es damals schon schlecht ausgesehen und schließlich wurde die Kassenlage letztes Jahr prekär. In der Kasse fehlte Geld und inzwischen ist weitgehend geklärt wieso: teilweise sind drei Jahre lang keine Mitgliedsbeiträge (Standarbeitrag 24 Euro jährlich) eingezogen worden. Eine umfassende Kassenprüfung läuft und inzwischen führt Stellvertreter Patrick Riefer-Kraus kommissarisch den Verein. Er will sich bei den Wahlen im August für das Amt bewerben.
Einige große Namen
Etliche Künstler stammten von auswärts, viele aus Berlin, und hatten sich in Rothenburg niedergelassen. Zu den Gründungsmitgliedern zählten bekannte Künstler wie Prof. Peter Philippi, Adolf Hoße, Gustav Lüttgens, Paul Lumnitzer, Hans Prentzel, Arthur Wasse, Wilhelm und Rudolf Schacht. Man denkt ferner an den Schlesier Constantin von Collande als Anhänger der Abstraktion, der mit Otto Dix und Oskar Kokoschka zu den Gründern der Dresdner Sezession Gruppe 1919 gehörte und nach Kriegsende in die Tauberstadt zog. Die Liste läßt sich fortsetzen bis in die jüngere Zeit, was unterstreicht, wie gefragt der Künstlerbund war.
Hoffnung auf neuen Vorstand
Patrick Riefer-Kraus sieht sich in einem Kreis von rund sechs aktiven Leuten, die bereit wären sich im neuen Vorstand engagiert einzubringen. Mit „Eigenbrötlern und Einzelkämpfern“, wie es Peter Nedwal einmal ausdrückte, könne der Verein nicht bestehen. Wenn aufgrund der laufenden Kassenprüfung schon einzelne Mitglieder austreten, sei dies erst recht ein Ansporn zum Neuanfang. Musik, Lesungen oder Theater könnten sich mit der Bildenden Kunst ergänzen, es gelte kreativ über Neues nachzudenken. Nachholbedarf hat der Künstlerbund nicht nur bei der Öffentlichkeitsarbeit. Bis April sind die Ausstellungsräume geschlossen.
Patrick Riefer-Kraus denkt an eine Benefizveranstaltung und an einen anspruchsvollen Kunsthanderwerkmarkt zur Adventszeit. Der Kunst- und Lüftl-Maler sowie Grafiker und Schreiner aus dem Chiemgau hat in Rothenburg schon lange seine neue Heimat gefunden und betreibt im Gewerbegebiet eine große Werkstatt mit Atelier. Wenn man mit ihm spricht, ist zu spüren wie sehr ihm der Künstlerbund ans Herz gewachsen ist. Jetzt aufzugeben hielt er für die schlechteste Option – lieber die Weichen neu stellen und das 100. Jubiläum im Jahr 2023 anpeilen.