Prof. Dr. Reinhold Würth im Gespräch mit Rolf Diba für das ROTOUR-Magazin
ROTHENBURG – Nicht nur in seinem Unternehmen, in dem das operative Geschäft heute andere besorgen, sondern auch als Gastredner bleibt er gefragt: Professor Dr. Reinhold Würth hat aus einer Zwei-Mann-Werkstatt einen Weltkonzern mit 4,3 Milliarden Euro Umsatz und über 60 000 Mitarbeitern aufgebaut. Er setzt bis heute auf den Standort Deutschland. Und er hat sich auch als Kunstmäzen einen Namen gemacht und viel vor allem für seine Heimatregion Hohenlohe getan. Wir fragten den sympathischen und bis heute agilen Unternehmer zur Wirtschaft, Kultur und persönlichen Plänen. Er hatte im November auf Einladung der Stadt und der IHK in der Reichsstadthalle referiert.
diba für ROTOUR: Herr Professor Würth, Sie sind auf vielen Gebieten tätig, in Künzelsau ist eine große Veranstaltungshalle geplant, wirtschaftlich und kulturell haben Sie sehr viel im Hohenlohischen investiert.Was sind ihre aktuellen Projekte?
Reinhold Würth: Bei uns läuft immer ein bisschen was, zum Beispiel baut meine Tochter Bettina gerade eine freie Schule für 40 Millionen Euro in Künzelsau, die sehr gut angenommen wird. Das mischt schon die Schullandschaft auf, da somit eine Ganztags-schule dazukommt, müssen sich die anderen Schulen bemühen –auch hier gilt: Konkurrenz hebt das Geschäft. Ansonsten mache ich viel mit der Bürgerinitiative Pro Region Heilbronn-Franken, die geht ja direkt bis vor die Stadtgrenze von Rothenburg. Die Idee ist das Wir-Gefühl in der Region zu stärken. Das Gebiet hat früher nie zusammengehört, es ist teilweise badisch, württembergisch, reichsunmittelbar, wenn man an die Klöster denkt, die Ritterschaften.
ROTOUR: Sie sagen das regionale Bestreben hört an der Landesgrenze auf, wäre es denn nicht sinnvoll auch über die Grenze zu gehen?
Reinhold Würth: Ich will mich da nicht engagieren und möchte nicht in den Ruf kommen, dass wir irgend jemand annektieren wollen. Da ist nicht die Pro Region Heilbronn-Franken die richtige Plattform, denn das geht ja in der Ausdehnung zu weit. Das muss man dann auf geographisch engerer Ebene machen, vielleicht der Kreis Schwäbisch Hall und der Kreis Ansbach zusammen.
ROTOUR: Wie weit ist das große Vorhaben Veranstaltungshalle Künzelsau?
Reinhold Würth: Wir planen weiter und entscheiden bis Mitte nächsten Jahres wann und wie gebaut wird. Es ist doch eine Investition mit 80 Millionen Euro. Da muß ich auch sehen wie die weltwirtschaftliche Lage weitergeht. Bei der Hypothekenkrise, schwachem Dollar und hohem Ölpreis kann man das nicht sagen…
ROTOUR: Haben Sie denn konkrete weltwirtschaftliche Bedenken?
Reinhold Würth: Ich bin sehr in Sorge, dass die ganze Weltwirtschaft einen Knacks kriegt. Eine der großen US-Banken hat verlauten lassen es könnten bis zu zwei Billionen Dollar sein, die abzuschreiben sind. Dabei macht man schon ein großes Theater, wenn die City-Bank zehn Milliarden abschreibt. Man muss die Bank-Bilanzen abwarten, bis März sieht man klarer.
ROTOUR: Herr Würth, man kann gar nicht alles aufzählen, was Sie kulturell getan haben, in der Region sind es vor allem die großen Kunstmuseen in Künzelsau und Hall, wo sie auch eine Kirche als Kunstraum nutzen…
Reinhold Würth: Die schon seit Jahrzehnten profanisierte Johanniterhalle haben wir erworben von der Stadt Hall, renovieren und klimatisieren sie jetzt aufwendig. Dort hat es noch Funde gegeben und das Landesamt ist beteiligt. Ich denke wir können das im Mai eröffnen und die Fürstenberg-Sammlung dort ausstellen.
ROTOUR: Auch in der Hauptstadt Berlin sind sie unternehmerisch aktiv…
Reinhold Würth: Wir haben dort unsere Repräsentanz gebaut und im Bode-Museum ein Kabinett eingerichtet, da ist meine Kunst-Privatsammlung mit Elfenbeinschnitzereien und anderem zu sehen.
ROTOUR: Bei so vielem, was Sie beruflich erreicht und kulturell getan haben, gibt es da überhaupt noch etwas, das Sie gerne in nächster Zeit als neues Vorhaben anpacken würden?
Reinhold Würth: Eigentlich nicht. Ich bin ja 72 Jahre alt und im Hintergrund immer noch ein bisschen im Geschäft dabei, werde viel nach meiner Meinung gefragt. Wir kaufen immer wieder mal eine Firma und werden gerade in den nächsten Tagen erneut etwas vermelden können. Bei Straßburg eröffnen wir in Kürze ein neues großes Kunstmuseum, in Palermo haben wir die Restaurierung der Palastkapelle überwiegend finanziert, ich habe dort kürzlich an der Universität eine Vorlesung gehalten. An der US-Universität Louisville (Kentucky) haben wir Bachelor und Masterprogramme aufgebaut, das zählt jetzt zu den wenigen Masterprogrammen in Europa, die sowohl von einer amerikanischen wie auch einer europäischen Agentur akkreditiert sind.
ROTOUR: Noch ein Wort zum Standort Deutschland, über den einige Unternehmer sehr jammern…
Reinhold Würth: Im Moment braucht niemand zu jammern, es geht ja gut. Wenn es jemandem nicht gut geht, so ist das die Ausnahme. Wir ernten im Moment die Früchte dessen was Kanzler Schröder gemacht hat, das können wir ihm zuschreiben. Ansonsten muss man aber darauf achten, dass nicht wieder Steuergelder zum Stimmenfang ausgeschüttet werden nur zum Zweck der Machtsicherung. Wir haben immerhin 1,5 Billionen Staatsschulden und wenn sie die Schattenhaushalte dazunehmen sind es vier Billionen. Jeder Bürger unseres Landes hat fünfzigtausend Euro Staatsschulden. Wie man das abtragen soll ist mir schleierhaft, das kann man nur über eine Inflation oder eine wahnsinnig hohe Besteuerung erreichen. Ich habe da große Sorgen, dass die Kinder und Enkel maßlos besteuert werden.
ROTOUR: Und wie beurteilen Sie unsere Unternehmensbesteuerung in Deutschland?
Reinhold Würth: Im Moment ist das schon in Ordnung. Es wird ab Januar zwar vordergründig verbessert, tatsächlich jedoch nicht, weil die Bemessungsgrundlagen verbreitert werden und mit Zinsschranken und lauter so skurrilem Zeug ist nicht alles nur zum Hurra schreien. Andererseits brauchen wir nicht jammern, denn Steuern müssen wir überall zahlen.
ROTOUR: Der Bürokratismus wird ja trotz anderer Behauptungen immer schlimmer statt besser…
Reinhold Würth: Kürzlich habe ich gehört, dass der Bund dieses Jahr 1,6 Milliarden sinnlos zum Fenster hinausgeblasen hat, mit Projekten die falsch konzipiert waren. Da muss man schon manchmal fragen: Ist die Politik überhaupt in der Lage so ein hochkomplexes Land zu steuern? Da sind die Berufsgruppen im Bundestag nicht gerade die richtigen. Das sind Beamte und viele Lehrer, die nie in der Wirtschaft waren. Da kann eigentlich nicht viel an Sachkompetenz herauskommen.
ROTOUR: Wie sehen Sie die Wirtschaftschancen auf dem russischen Markt? Können Unternehmen nach Ihrer Ansicht dort getrost investieren?
Reinhold Würth: Das beurteile ich als sehr gut und halte es mit Gerhard Schröder, der gesagt hat, man muss verstehen, dass Russland achtzig Jahre Kommunismus und vorher auch noch die Leibeigenschaft erlebt hat. Da gab es nie Demokratie, die muss man erst jetzt lernen.
ROTOUR: Haben Sie denn mit Ihrem Unternehmen in Russland entsprechend investiert?
Reinhold Würth: Wir haben drei gut gehende Betriebe in Russland, vor Wochen war ich erst mit meiner Frau dort und da sehe ich keine großen Probleme. Man darf allerdings die Russen nicht überfordern. Was die Amerikaner im Moment mit diesem Raketenverteidigungsschild machen, das ist schon ein dicker Hund. Wenn man das heute umgekehrt in Kuba oder Mexiko den Amerikanern so antun würde, da würden die schön Hurra schreien – aber die Russen sollen sich das gefallen lassen. Das ist eine sehr schwierige Situation.
ROTOUR: Wir bedanken uns für das Presse-Gespräch.
Steil nach oben
Rothenburgs Oberbürgermeister Walter Hartl würdigte Reinhold Würth bei dessen Rede vor 500 Zuhörern in der Reichsstadthalle nicht nur als Unternehmer, sondern auch wegen seines sozialen und kulturellen Engagements. Man erinnert sich an die internationale Skulpturenausstellung aus der Sammlung Würth, die im Herbst 2004 in Rothenburg stattfand. 1945 begann alles mit einer Schraubenhandlung in Künzelsau. Vater Adolf Würth stirbt 1954 und der 19-jährige Sohn Reinhold übernimmt den Betrieb, den er mit Fleiß, Können und Geschick zum Weltunternehmen ausbaut. Kunst und Kultur haben stets einen hohen Stellenwert bei Würth. Die großen Museen in Künzelsau und Hall zeugen in nächster Nähe davon: „Die Kunst soll den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit auch außerhalb von Kulturzentren mehr Lebens- und Arbeitsqualität vermitteln”, ist das Credo der Unternehmenspolitik. Professor Reinhold Würth besitzt eine der größten und bedeutendsten Privatsammlungen. Als Hohenloher kennt er natürlich Rothenburg bestens und manche Manager aus der internationalen Würth-Gruppe und andere Gäste hat er schon in die Tauberstadt geführt.
ROLF DIBA, 2008