Um das Amt bewerben sich Martina Schlegl (CSU), Dr. Markus Naser (FRV) und Harry Scheuenstuhl (SPD).
Mit Walter Hartl zog nach langer Zeit wieder ein Verwaltungsfachmann (er kam von der Stadtverwaltung Heilbronn) ins Rothenburger Rathaus ein. Der gebürtige Allgäuer war zwar von den Grünen gefragt worden, trat aber über eine neue Wählervereinigung als unabhängiger Kandidat an. Die Skepsis, die ihm anfangs noch von den Wahlverlierern entgegenschlug, wechselte schnell in ein sehr gutes Miteinander, so dass es für die zweite Amtsperiode nicht mal mehr eine Gegenkandidatur gab.
Fragt man ihn nach der Arbeitsbilanz, so verweist Walter Hartl vor allem auf Grundlegendes. So signalisiere die Bevölkerungszunahme von 10.898 auf 11.300 Einwohner einen Umschwung. Der Wirtschaftsstandort sei gestärkt, große Firmen hätten expandiert und mit Teknor Apex habe ein neues Unternehmen 20 Millionen investiert und seinen Europasitz hier angesiedelt.
Hinzu komme die Stärkung des Bildungsstandortes mit der Montessorischule und dem Campus Rothenburg (300 Studierende) der Hochschule Ansbach. Im Tourismus sind die Übernachtungszahlen von 420.000 auf 560 000 gestiegen. Mit dem geplanten neuen Tagungs- und Wellnesshotel will man weitere Gäste gewinnen. Nicht umsonst gelte man als weltoffene Stadt mit der Auszeichnung „Stadt der Vielfalt”. Wichtig ist Walter Hartl die Kulturarbeit, das Toppler Theater habe sich als neue Profibühne etabliert, junge Initiativen wie „Grenzkunst” seien entstanden. Für Kultur und Soziales wurden erstmals feste Stellen geschaffen. Das kulturelle Flair der Stadt wirke anziehend.
Die Altstadt stärken
Die „Große Kreisstadt” (eigene Bauhoheit) hat Millionen für die Erhaltung historischer Bauwerke aufzubringen, darunter oft größere Objekte wie das Schülerwohnheim im ehemaligen Spital. Aufwändig und teuer außerdem: die Kanalerneuerung der Innenstadt. Die unter OB Hartl geplante Dreifach-Turnhalle am Spitaltor sollte durch einen Bürgerentscheid verhindert werden, doch es wurde zugestimmt! Selbst ehemalige Kritiker erkennen heute den Bau als gelungen an. Mehr Verkehrsberuhigung und ein Parkkonzept seien auf den Weg gebracht worden, und das Kutschenproblem habe man jetzt im Griff.
Zur guten Infrastruktur gehörten die Stadtwerke, mit deren Geschäftsführung man vor Jahren die Heidenheimer Werke beauftragt habe. Mit über 6 Millionen wurden gerade Hallenbad und Sauna erneuert. Hartl: „Die Werke stehen hervorragend da, das Eigenkapital konnte auf 21 Millionen erhöht werden.” Unklar sei dagegen die Zukunft der derzeit noch städtischen Müllabfuhr.
Der Blick auf die Stadt veränderte sich in letzter Zeit durch Baugebiete, die neue Dominanten aufweisen. So durch hoch herausragende Penthaus-Flachdachbauten in der kleinteiligen Heckenacker-Siedlung. Von der Autobahn kommend prägt ein neu angesiedelter Betrieb in seiner Dimension das Bild links der Staatsstraße. Einige Bürger sehen nachteilige Stadtbildveränderungen. Es komme „doch ganz auf den Standpunkt an“, meint der Oberbürgermeister dazu, die Altstadtsilhouette sieht er keinesfalls beeinträchtigt. Man müsse im Einzelfall abwägen; ohnehin reichten die Gewerbeflächen schon bis an Neusitz und Gebsattel heran, und im Wohnbau fehle es bereits an Grundstücken, doch es werde weiter erschlossen. Der gestärkte Wirtschaftsstandort bringe mit acht Millionen Gewerbesteuer rund doppelt soviel Einnahmen wie 2006. Gegen das ausgewiesene altstadtnahe Wohnbaugebiet am Philosophenweg wird zur Zeit geklagt, eine weitere Aufgabe für Nachfolger.
Gemeinsam vieles erreicht
Große Sorgen bereitet die Zukunft des Rothenburger Krankenhauses. Der OB betont die herausragenden Leistungen der örtlichen Klinik und deren guten Ruf, während der ganze Anregiomed-Verbund unübersehbar große Probleme hat. Rothenburg stecke viel Geld in städtische Einrichtungen wie Museum, Musikschule oder Grundschule sowie Kinderbetreuung. Die Mittelschulsanierung und die Grundschulerweiterung stünden an.
Nur gemeinsam mit Stadtrat und Verwaltung hätte soviel erreicht werden können, unterstreicht der Oberbürgermeister. Allerdings könne sich niemand zurücklehnen: „Wer nur verwalten will, wird erleben, dass andere Städte vorbeiziehen. Es gilt Chancen zu erkennen und zu nutzen!” Ab Mai möchte Walter Hartl erstmal ein halbes Jahr pausieren und dann weitersehen, sich aber „aus der Kommunalpolitik heraushalten.” Er freut sich auf den neuen Lebensabschnitt mit der Familie und betont: „Die 14 bereichernden, aber auch anstrengenden Jahre möchte ich nicht missen!”
DIETER BALB