ENDSEE – In der Nachbarschaft des Gewerbegebiets erinnert ein 230 Millionen Jahre altes geschütztes Geotop daran, dass hier an einer Lagune einmal die Saurier lebten, was ein bisschen für Bekanntheit sorgte. Gerade aber ist der kleine Ortsteil von Steinsfeld dabei zum Begriff in der europaweiten Gründerszene der Wirtschaft zu werden. Der gebürtige Archshofener Gerold Wolfarth von der bk Group AG konnte jetzt auf seinem Firmen-Campus über 30 Startups, erfolgreiche Mittelständler und Politiker mit über dreißig Sprechern und Vortragenden zu einem „Gipfeltreffen” der Vereinigung „The Grow” begrüßen. Zum Summit 2021 kam die Roadshow nach Mittelfranken vor die Tore Rothenburgs.
CEO Gerold Wolfarth ist einer der drei Initiatoren von THE GROW zusammen mit Bernhard Schindler (zugleich Gründer und CEO der SalsUp GmbH) und Dejan Jovicevic (außerdem Mitgründer und CEO von „Brutkasten Media GmbH Wien“). Ein ganzer GROW-Kosmos, der die aktuelle Roadshow mit dem „Grow Summit 2021“ in Endsee beinhaltet, sei da entstanden, betont Schindler. Auch der „Entrepreneurs Club“ mit 150 Unternehmern gehört u.a. dazu.
Unternehmer Wolfgang Grupp und sein Sohn schwebten zum Großereignis mit dem Hubschrauber ein, Fußballer Oliver Kahn und CDU-Politiker Wolfgang Bosbach erklärten wie wichtig die Förderung junger Talente für die digitale Zukunft des Mittelstandes ist. Es wurden Neuentwicklungen vorgestellt, hilfreiche Kontakte geschlossen und Visionen entwickelt. Ziel der von Wolfarth mitbegründeten Organisation ist es in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) eine effektive Plattform für Neugründungen und Mittelständler zu bieten. Mit Innovationen möchte man Abwanderung stoppen. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung sind dabei grundlegende Parameter. Mit vertreten war Europas größte von Bernhard Schindler erst letztes Jahr gegründete Plattform „Salsup“ , zu der allein über 100.000 Startups gehören, was zeigt wie sehr sowas vermißt wurde.
Von München über Wien und Zürich aufs Land
Im März hatte die Roadshow von The Grow den Online-Auftakt in München, dann folgten Wien, Zürich und jetzt wieder im richtigen Leben mit Menschen „The Grow Summit’ in Endsee (3G-Regel unmaskiert). Ein Höhepunkt für die bk Group AG, die zugleich auch noch ihr 20jähriges Jubiläum mit 200 Mitarbeitern feiern konnte, so dass es eine lange Nacht wurde.
Der Vorstandsvorsitzende (CEO) Gerold Wolfarth freute sich über 250 Teilnehmer auf dem Firmengelände und rund 1700 Zuschauer der Direktübertragung im Netz. „Es ist überwältigend und gibt nur positive Rückmeldungen, starke Persönlichkeiten haben die Menschen begeistert” zieht er Bilanz, die vielen Startups hätten „ihre Pfunde“ erfolgreich eingesetzt. Auch 2022 soll „The Grow Roadshow’ nach Endsee kommen.
Los ging es um 9 Uhr ganz fränkisch mit Blasmusik beim Weißwurstfrühstück, dann folgten die im großen Zelt eingespielten Grußworte meist auf Leinwand. So von Bayerns Staatsminister Bernd Sibler (Wissenschaft und Kunst) und Staatsministerin Dorothee Bär (Digitaliserungsbeauftragte) aus Berlin. Winnfried Kretschmann und Hubert Aiwanger waren zunächst im Gespräch, hatten aber schon länger im Wahlkampfstress abgesagt.
Innovation braucht fruchtbares Umfeld
Alles schon mal dagewesen: damit überraschte Prof. Dr. Maximilian Lude im Einführungsvortrag und verwies als ein Beispiel auf den E-Roller, der ähnlich schon 1915 konstruiert wurde. Bei den Startups und dem Mittelstand konstatierte er einen schwierigen Beziehungsstatuts, der sich jedoch ändern ließe. Aus vielem sei einst bei neuen Ideen nichts geworden, weil „Innovation Kontext braucht” und daran habe es gefehlt. Die exponentiell wachsende Digitalisierung werfe alte Denk- und Handlungsmuster über Bord.
Auf der Bühne gesellte sich der Flix-Bus-Mitgründer Daniel Krauss dazu (online Nina Pütz, neue Finanztechnologie). Unternehmer Frank Thelen (bekannt auch aus der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ antwortete auf Schindlers Frage, ob die deutschen Startups auch eine Chance gegen China hätten: „ich glaube wir haben eine faire Chance, müssen aber erkennen, dass wir in das exponentielle Zeitalter reinlaufen, das heißt hundertprozentig digitalisieren und auf der Basis künstliche Intelligenz einsetzen!“
Viel Anklang fanden erwartungsgemäß die Beiträge der beiden Trigema-Unternehmer aus dem schwäbischen Burladingen. Senior Wolfgang Grupp, bekannt für seine klare Ansage auf deutsch, betonte die persönliche Verantwortung eines Unternehmers, die früher größer gewesen sei. Investoren seien gut und schön, „aber wenn es in die Pleite führt, dann soll auch der Investor mit seinem Firmengründer das bezahlen“. Verantwortliches Handeln und rechtzeitig auf den Wandel der Zeit und am Markt reagieren, ist sein Credo. Bei ihm gebe es laufende Neuerungen im Betrieb, die er aber nicht gleich „Startup” nenne, so habe die Firma alle Krisen gut überstanden.
Risikokapital sei nicht außergewöhnlich so Grupp, „denn Risiko gab es schon immer, nur hat da die Großmutter oder der Vater das Geld gegeben”. Man müsse die Welt nicht neu erfinden und „wenn Firmen über 100 Jahre alt sind, dann haben sie das Startup eben konstant gemacht”, meint der erfolgreiche Textilproduzent.
Neugründungen vorgestellt
Die Veranstaltung erwies sich als ideale „Kontaktbörse für innovative Unternehmer”. Patrick Köhler z.B. von KD Global Atlanta betreut deutsche Firmen beim Online-Markteinstieg in US. Davon wollen die (ebenfalls anwesenden) Startup-Macher von „Klosterkitchen” (Bio-Erfrischungsgetränk mit Ingwer), profitieren und in Amerika starten. Die bis zum Abend laufenden Diskussionsrunden und Vorträge vermittelten zusammen mit den zahlreichen Info-Ständen in einem eigenen Messezelt Einblick in die neue kreative Mittelstands-Generation, die sich von Anfang an digital ausrichtet. Darunter ein modularer Möbelbaukasten als Gründungsidee aus Österreich oder neue ökologische Baumaterialien. Immer mehr Frauen werden zu Erfolgs-Unternehmerinen, einige stellten ihre Neugründungen vor. Sina Trinkwalder z.B. macht mit ihrem ökosozialen Textilunternehmen von sich reden. Unternehmerin Vanessa Weber will Frauen zur Selbständigkeit ermutigen.
Dass man „Silicon Valley” auch in München haben kann, machte ein Diskussionsrunde deutlich, zu der auch Susanne Hahn von der bisherigen Daimler-Innnovationsplattform „Lab 1886“ gehört, die mit neuen Partnern Zukunftstechnologien entwickelt und auch mit The Grow kooperieren wird. Aus München gab es sogar viel Lob für das aufgeschlossene Umfeld aus Verwaltung und Politik. CDU-Politiker Manfred Bosbach verwies auf die Macht der Digitalisierung und sieht die DACH-Region gut aufgestellt. Der Politiker legt dar, dass Wachstum die Voraussetzung für wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität ist. Klimapolitisch müsse jeder seinen eigenen Beitrag leisten. Vor der Halle beeindruckte ein wasserstoffgetriebener Pkw mit bis zu tausend Kilometer Reichweite, angepriesen als die langfristig bessere Alternative zum Batteriefahrzeug.
Mit einer „Weltneuheit” überraschten Gerold Wolfarth und Bernhard Schindler und stellten das „erste Startup Ökovation-System” vor, das von Kapital über Marketing bis Vertrieb alles bietet, was eine Gründung braucht. Vor allem aber hat man mit der „Ökovation Ventures GmbH & CoKG einen Finanzierungsfonds für Startups aus dem Mittelstand geschaffen worden.
Der 1. Platz bei der Grow-Preis-Verleihung ging an das Startup von „Collego“ aus München für eine neuartige interaktive Netzwerkplattform. Außerdem ist soziales Engagement „The Grow” breit gestreut. Das reicht weit über praktische und finanzielle Hilfen der Flutopfer hinaus. Ein Kriseninterventionsteam in München wird ebenso mit Spenden bedacht wie Kinder in schwierigen sozialen Situationen.
Oliver Kahn: Innere Ruhe finden
Fußballstar Oliver Kahn setzte gegen Ende auf der Bühne nochmal einen Höhepunkt. Gerold Wolfarth interviewte ihn zu seinen Lebenserfahrungen und fragte, wo er sich in zehn Jahren sieht. Kahn: „Am liebsten noch bei Bayern München, denn dann wäre es gelungen weiter erfolgreich zu sein”. Menschen zusammenbringen und motivieren habe immer Spaß gemacht, im Fußball ähnlich wie als Unternehmer. Manchmal sei es gut aus dem Alltag rauszukommen, innere Ruhe zu finden und am besten „auf einen Berg zu steigen und runterzuschauen“ – dann würde man Probleme wieder leichter einordnen.
Nach diesem langen Tag war man dem Ziel, ein bisschen „Silicon Endsee” zu schaffen, wie es Gerold Wolfarth nennt, spürbar näher gekommen. Der erfolgreiche Unternehmer aus dem Taubertal investiert nicht nur in vielversprechende Startup-Firmen, sondern hofft auch welche nach Endsee zu bekommen. Das könnte für die ganze Region und seine Mittelständler ungeahnte Impulse bringen. „Das Thema gründen muß mehr Beachtung finden“ fordert Initiator Bernhard Schindler von der neuen Bundesregierung. Er hofft auf Bürokratieabbau und will mit seiner Organisation dazu beitragen, dass Ideen im deutschsprachigen Raum bleiben und die Abwanderung kreativer Leute gestoppt wird. Silicon Valley, das scheint jetzt klar, gibt es nicht nur in Amerika…
ROLF DIBA