Variante eines Planungsbüros aus Aalen macht beim Stadtrat das Rennen – Hotelkomplex auf ehemaligem Brauhausgelände
ROTHENBURG OB DER TAUBER– Kommt es nach jahrzehntelangem vergeblichen Bemühen doch noch zu einem Tagungs- und Wellness-Hotel vor der historischen Altstadt von Rothenburg? Der Stadtrat hat sich kürzlich nach einem Architektenwettbewerb bzw. Investoren-Bieterverfahren für die Variante eines Planungsbüros aus Aalen entschieden und ist ebenso wie die Verwaltung zuversichtlich, dass es endlich was werden könnte mit dem über 40 Millionen Euro teuren Projekt.
An kreativen Ideen hat es nie gemangelt, vor allem Studenten der Architektur-Fachhochschule Koblenz hatten sich vor elf Jahren mit mutigen Kreationen in die Debatte eingebracht, manches daraus hat sich jetzt sogar ansatzweise in den aktuellen Entwürfen wiedergefunden. Und schon vor zwanzig Jahren hatte man ein Bau-Consult-Unternehmen aus Ostdeutschland mit einem Hotelprojekt auf dem 12.000 Quadratmeter großen Grundstück beauftragt. Aus dem wurde ebenso wenig etwas wie aus dem 2011 planerisch schon weit entwickelten Vorhaben einer Berliner Unternehmens-Gruppe, an die man noch bis letztes Jahr gebunden war.
Immer ging es wie jetzt auch um ein Tagungshaus in der 4 Sterne Superior oder gar 5 Sterne-Klasse. Das als „Filetgrundstück” betrachtete städtische Gelände liegt malerisch direkt vor der Klingentorbastei am Taubertalhang. Das alte Sudhaus von 1899 steht unter Denkmalschutz, das große Nebengebäude wurde schon lange abgerissen. Ein außen liegendes Wirtschaftsgebäude und ehemalige Stallungen gehören eigentlich zum historischen Ensemble, aber nur einer der Bewerber hätte die baufälligen Gebäude erhalten. Als problematisch gelten die zahlreichen Gewölbe und Gänge in den Untergeschossen. Dort residieren auch Fledermaus-Populationen, die es zu schützen gilt.
Der Entscheidung im Stadtrat für den Generalplaner Isin aus Aalen (der auf reichlich Erfahrung verweisen kann) war eine öffentliche Präsentation aller drei Bewerber (zwei kamen aus Würzburg) in der Reichsstadthalle vorausgegangen. Da sah es eher so aus, als würde der dritte Vorschlag zum Zuge kommen, der dann auch nach einer Punktesystem-Vorauswertung nur knapp unterlegen ist. Architekt Cemal Isin und sein Büro freuen sich umso mehr und sehen eine „besondere Herausforderung, die unser Team begeistert”, so Geschäftsführer Isin.
Kaum entschieden, gab es jedoch öffentliche Kritik. So wundert sich der örtliche Verein Alt-Rothenburg, dass das Bauamt die dort gültige Baugestaltungssatzung nicht in die Ausschreibung genommen hatte. Man fordert nun einige Veränderungen, den Flachdach-Hotelkubus hält man in dieser Form für problematisch. Aber Vorsitzender Dr. Naser betont, man begrüße im Grundsatz die geplante Bebauung unter Erhalt des Sudhauses an dieser empfindlichen Stelle. Vor allem gehe es dem Verein darum, die Stadtansicht vom Taubertal nicht zu beeinträchtigen.
Fast schon spektakulär wirkt jedoch die Ansicht von Südwesten mit dem Wellness-Bereich im Untergeschoss, darüber ein Halbrund mit Sitztreppen als Veranstaltungs-Freigelände. Vom Sudhaus gelangt man über eine Vinothek als Verbindungsbau in das Restaurant (200 Plätze) mit Dachterasse, alles transparent mit Glasfronten und Holzverkleidung ausgeführt. Dem Sudhaus wird ein Biergarten vorgelagert. Dort, wo jetzt eine große Lagerhalle steht, soll ein rechteckiger Hotelbau mit 140 Zimmern über sechs Geschosse und einem Atrium entstehen. Ein Tagungsraum mit 480 Quadratmetern ist vorgesehen. Autos verschwinden in den Tiefgaragen.
Entwurf läßt Änderungen erwarten
Im Freigelände wird der bestehende parkähnliche Baumbestand erhalten und sogar ein japanisches Meditationshaus möchte man errichten. Erholung und medizinische Betreuung werden in Kooperation mit dem Rothenburger Krankenhaus gesehen. „Wenn über die Zukunft eines so traditionsreichen Grundstücks entschieden wird, sind selbstverständlich viele Meinungen und Ansätze zu berücksichtigen“, macht Architekt Cemal Isin deutlich. Beim jetzigen Konzept handele es sich um den ersten Grobentwurf. Noch im August findet mit dem Stadtbauamt ein grundlegendes Treffen zur näheren Abstimmung des weiteren Ablaufs statt.
Schließlich geht es auch um die Frage, wer letztlich Hotelbetreiber sein wird und vor allem wo die Investoren für 40 bis 50 Millionen Euro herkommen. In einer nichtöffentlichen Präsentation hat man dem Stadtrat bereits mögliche Partner genannt, hält sich aber öffentlich bedeckt. Abhängig von der weiteren Projektgestaltung wolle man mit Interessenten verhandeln und sich erst nach Vertragsabschluss äußern. Im Gespräch, so hört man, ist unter anderem eine neue Steigenberger-Individualmarke.
Bis Jahresende sollen entscheidende Weichen gestellt sein, das Planungsverfahren bis zum Bauantrag wird sich nächstes Jahr länger hinziehen. Landesamt für Denkmalpflege und Bund Naturschutz spielen in der langen Liste der Träger öffentlicher Belange eine Rolle. Das Sudhaus enthält im Innern noch Bestandteile alter Technik, der Sudkessel allerdings wurde bereits entfernt. Künstlerisches Graffiti erinnert noch an die Zeiten, als der Bau jahrelang als Kultur-Brauhaus von sich Reden machte.
In der örtlichen Hotellerie hält sich die Begeisterung für das Projekt in Grenzen. Die einen sehen eine Bereicherung mit Zuwächsen für ein neues Gäste-Klientel, die andern befürchten eher lästige Konkurrenz. Außerhalb des reinen Hotelbetriebes soll es „ein Ort der Ruhe, der Moderne und Tradition sowie der Kultur werden” versprechen die Planer und geben sich optimistisch, das Großprojekt zu stemmen. ROLF DIBA
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